Politik

"Schmutzkampagne" gegen Opposition Moskau annulliert wenige Stimmen

Nach der russischen Parlamentswahl werden die Stimmen in 21 Wahllokalen für ungültig erklärt. Insgesamt gab es 95.000 Wahllokale. Die Opposition, die gegen das Ergebnis der Wahl protestiert, fordert eine neue Zusammensetzung der Wahlkommission. Sie beklagt zudem eine "Schmutzkampagne" gegen führende Regierungsgegner.

Nach der von massiven Betrugsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl in Russland hat die zentrale Wahlkommission einen nur geringen Teil der Stimmen für ungültig erklärt. Oppositionelle forderten daraufhin eine Änderung der Zusammensetzung der Wahlkommission. Die Bundesregierung denkt angesichts des harten Vorgehens der Behörden gegen die Opposition über Sanktionen gegen Regierungsvertreter nach.

Putin bei der Stimmabgabe.

Putin bei der Stimmabgabe.

(Foto: dapd)

In 21 der 95.000 Wahllokale wurden die Ergebnisse der Wahl vom 4. Dezember für ungültig erklärt. Kommissions-Vizepräsident Leonid Iwlew sagte laut der Nachrichtenagentur Interfax, in den betroffenen Wahllokalen hätten 39.000 Menschen abgestimmt. Insgesamt seien fast 1700 Anträge auf Annullierung der Wahl eingegangen, mehr als hundert davon seien an Polizei und Justiz weitergeleitet worden.

Die auf Wahlbeobachtung spezialisierte Nichtregierungsorganisation Golos nannte es "unsinnig", dass sich die Wahlkommission zum Wahlergebnis äußere. Schließlich habe sie die Wahlfälschungen angeordnet. "Die Zusammensetzung und Leitung der Wahlkommission muss geändert werden, andernfalls wird sich gar nichts ändern", sagte die Golos-Vorsitzende Lilija Schibanowa. Vergangene Woche hatte der Sprecher von Regierungschef Wladimir Putin erklärt, Wahlbetrug habe es in nur ganz wenigen, für den Wahlausgang nicht relevanten Fällen gegeben.

"Absolut widerwärtige und jämmerliche" Kampagne

Bei der Parlamentswahl hatte Putins Partei Einiges Russland schwere Verluste erlitten, sie kann aber dennoch allein weiterregieren. Wahlbeobachter kritisierten zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Nach der Wahl gingen tausende Menschen aus Protest auf die Straße. Am 10. Dezember forderten bei der größten Demonstration der Opposition seit Jahren in Moskau bis zu 80.000 Menschen Neuwahlen. Für kommenden Samstag ist eine weitere Großdemonstration geplant.

Die Opposition plant weitere Demonstrationen.

Die Opposition plant weitere Demonstrationen.

(Foto: dpa)

Russische Oppositionelle beklagten eine "Schmutzkampagne" zum Schaden der geplanten Demonstration. Die Kreml-nahe Webseite "Life News" veröffentlichte am Montagabend insgesamt neun Mitschnitte von Telefonaten des Oppositionsführers Boris Nemzow. Der 52-Jährige äußert sich darin vulgär über andere prominente Oppositionsvertreter. Eine der Beschimpften, die Umweltaktivistin Jewgenia Schirikowa, sprach von einer "absolut widerwärtigen und jämmerlichen" Kampagne.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte, Markus Löning von der FDP, sagte der Zeitung "Die Welt", gegen "einzelne Politiker, Justizvertreter oder Polizisten" sollten wegen Menschenrechtsverletzungen Sanktionen verhängt werden. Sie sollten keine EU-Visa mehr erhalten, ihre Konten im Westen sollten gegebenenfalls gesperrt werden. Mit Blick auf weitere geplante Demonstrationen sagte Löning, die Bundesregierung appelliere an die Regierung in Moskau, "die demokratischen Spielregeln einzuhalten".

Kosten für Webkameras berechnet

Derweil berichten lokale Medien, dass die Installation von Webkameras in allen russischen Wahllokalen für die Präsidentschaftswahl im März umgerechnet 360 Millionen Euro kostet. Der Aufbau des Systems koste etwa 15 Milliarden Rubel, berichtete die Zeitung "Kommersant" unter Berufung auf Berechnungen des russischen Ministeriums für Telekommunikation. Es sei vorgesehen, in jedem der 95.000 Wahllokale drei Kameras zu installieren.

Premier Putin hatte in der vergangenen Woche die Installation von Kameras in allen Wahlbüros angeordnet, die 24 Stunden lang in Betrieb sein sollen. Damit könne jeder Vorwurf der Wahlfälschung aus dem Weg geräumt werden. Ex-Präsident Putin strebt bei der Präsidentschaftswahl im März die Rückkehr ins höchste Staatsamt an. Der stellvertretende Minister für Telekommunikation, Ilja Massuch, hatte es am Montag als schwierig bezeichnet, die Installation von Kameras in allen Wahllokalen umzusetzen.

Quelle: ntv.de, AFP

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