Politik

Münchener Gericht sitzt Betrug auf NSU-Opfer "wahrscheinlich nicht existent"

Der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße wird dem NSU zugeschrieben.

Der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße wird dem NSU zugeschrieben.

(Foto: dpa)

Meral K. wird seit 2013 beim Münchener Oberlandesgericht als Nebenklägerin im NSU-Prozess geführt. Sie soll eines der Opfer des Nagelbombenanschlags von Köln sein. Jetzt räumt ihr Anwalt ein: Meral K. gibt es vermutlich überhaupt nicht.

Kuriose Panne beim NSU-Prozess in München. Ralph Willms, Anwalt der Nebenklage, musste einräumen, dass seine Mandantin Meral K. "wahrscheinlich überhaupt nicht existent" sei. Die "Existenz und Opfereigenschaft" K.s sei ihm von einem anderen Nebenkläger nur vorgetäuscht worden, berichtet Spiegel Online.

In einer Erklärung schreibt Willms, K. sei ihm von einem anderen Opfer als Mandantin vermittelt worden. Dafür habe er eine Provision gezahlt. Geliefert bekam Willms im Gegenzug dem Nachrichtenmagazin zufolge nicht nur den Namen der Frau und ein Foto, sondern auch ein offenbar gefälschtes Attest und ein weiteres wenig aussagekräftiges Dokument.

Das ärztliche Schreiben weist K. als Opfer des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße aus. Willms hatte den Arztbericht im April 2013 an das Münchener Oberlandesgericht gefaxt. Ein Arzt soll es am 9. Juni 2004, kurz nach dem Attentat, ausgestellt haben. Was jedoch angeblich weder Willms noch dem Gericht auffiel: Es ist in Handschrift, Schriftbild, Inhalt, Datum und Unterschrift identisch mit einem Attest eines anderen Opfers. Dieses wird von demselben Anwalt des Mannes vertreten, der Willms K. vermittelt hatte.

Willms legt Mandat nieder

Um K. als Nebenklägerin anzumelden, faxte Willms dem Gericht ein zweites Dokument. Willms wies es als Einladung des Bundespräsidenten an Opfer des Nagelbombenanschlags aus. Tatsächlich war es aber lediglich eine allgemein gehaltene Einladung an namentlich nicht genannte "Opferfamilien der rechtsextremen Mordserie". Und Gastgeber war nicht der Bundespräsident, sondern der damalige Münchener Oberbürgermeister Christian Ude. Beim Oberlandesgericht München fiel offenbar niemandem die Ungereimtheit auf.

K. war mehrfach als Zeugin geladen gewesen, ihre Abwesenheit wurde jedoch immer wieder mit Ausreden entschuldigt. Der Betrug flog schließlich auf, als am Dienstag Richter Götzl die Merkwürdigkeiten auffielen und er kritisch nachfragte.

Willms hat sein Mandat für K. nun mit sofortiger Wirkung niedergelegt und das Gericht um seine Entbindung als Nebenklagevertreter im NSU-Prozess gebeten. Zudem habe er Strafanzeige gegen den Mann gestellt, der ihm K. als Mandantin vermittelt hatte.

Quelle: ntv.de, jog

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