Politik

Luftschläge gegen Taliban Nato hatte zweifelhafte Liste als Basis

Die Nato hat bei ihren Operationen gegen die Taliban in Afghanistan einem Bericht zufolge den Anti-Terror- mit dem Anti-Drogen-Kampf "faktisch verschmolzen". Hunderte Personen seien in einer "Todesliste" erfasst gewesen.

US-Soldaten in Afghanistan.

US-Soldaten in Afghanistan.

(Foto: REUTERS)

Bei Geheimoperationen gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan bediente sich die Nato nach "Spiegel"-Informationen einer "Todesliste", auf der zeitweise mehr als 750 Personen erfasst waren. Die Liste, auf deren Basis die westliche Militärallianz zahlreiche tödliche Einsätze durchgeführt habe, belege, "auf welch dünnen und teils willkürlich anmutenden Grundlagen die Streitkräfte Verdächtige für die gezielten Tötungen nominierten", schreibt das Nachrichtenmagazin.

Viele, die sich dem Bericht zufolge auf der "Todesliste" befanden, waren demnach Taliban der mittleren und unteren Ebene. Manche seien nur auf die Liste geraten, weil sie mit Drogen handelten. Der Krieg gegen den Terror und gegen die Drogen sei in Afghanistan offenbar "faktisch verschmolzen", zitierte der "Spiegel" Jennifer Gibson von der Menschenrechtsorganisation Reprieve.

Den Unterlagen zufolge, die zum Teil aus dem Bestand des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden stammen, nutzten die Nato-Kräfte bei ihrer Zielerfassung unter anderem ein System der Stimmidentifizierung, bei dem es ausreichte, wenn ein Verdächtiger sich in einem überwachten Gespräch einmal namentlich identifizierte. "Predator"-Drohnen und mit Sensoren ausgerüstete britische Eurofighter hätten dafür die Funksignale am Hindukusch nach bekannten Mobiltelefonnummern abgesucht. Innerhalb der folgenden 24 Stunden habe diese Stimmenerkennung als "positive Zielidentifizierung" gegolten und damit als Legitimation für einen Luftschlag - dies habe zu Verwechslungen und zum Tod von Zivilisten geführt.

Das Ende des 13-jährigen Nato-Kampfeinsatzes wird am Sonntag mit einer feierlichen Zeremonie in der afghanischen Hauptstadt Kabul begangen. An Neujahr beginnt die kleinere Nachfolgemission "Resolute Support" zur Ausbildung und Beratung afghanischer Sicherheitskräfte, die keinen Kampfauftrag mehr hat.

Isaf sieht Mission als erfüllt an

Trotz der anhaltenden Gewalt in Afghanistan hat die internationale Schutztruppe Isaf ihre Ziele nach Einschätzung ihres Vizekommandeurs erreicht. "Was der Isaf ins Auftragsbuch geschrieben war, ist erfüllt", sagte Bundeswehr-Generalleutnant Carsten Jacobson in Kabul.

Isaf-Ziel sei gewesen, die Bildung einer afghanischen Regierung zu ermöglichen, einheimische Sicherheitskräfte aufzubauen und die Verantwortung an diese zu übergeben, sagte Jacobson. "Dieser Auftrag der Isaf ist zu 100 Prozent erfüllt." Jacobson wird künftig auch stellvertretender Kommandeur bei "Resolute Support" sein. An dem Einsatz sollen sich rund 12.000 Soldaten beteiligen, unter ihnen bis zu 850 Deutsche. Die meisten Truppen stellen wieder die USA.

Der General sagte, ohne die Isaf wäre auch der Machtwechsel in Afghanistan bei den Wahlen nicht möglich gewesen. "Es ist gelungen, nicht nur 13 Jahre die politischen Verhältnisse in Afghanistan friedlich zu halten. Sondern es ist gelungen, das ganze hinzuführen zu einer demokratischen Wahl, in deren Folge ein demokratisch gewählter Präsident die Macht friedlich an einen anderen demokratisch gewählten Präsidenten übergeben hat."

Der Einsatz der Soldaten bei "Resolute Support" bleibt nach Jacobsons Worten auch ohne Kampfauftrag gefährlich. "Afghanistan bleibt ein Land, in dem Krieg geführt wird", sagte er.

Quelle: ntv.de, wne/dpa

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