Haft statt Präsidentschaft Nawalny darf in Russland nicht kandidieren
23.06.2017, 20:18 Uhr
Alexej Nawalny darf nach aktuellem Stand nicht für die Präsidentschaftswahl in Russland im kommenden Jahr kandidieren.
(Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa)
Die russische Wahlleitung spricht dem Oppositionellen Alexej Nawalny das Recht auf eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2018 ab. Er sei rechtskräftig zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Wahlkampfleiter von Nawalny sieht das anders.
Alexej Nawalny darf aus Sicht der Wahlkommission nicht bei der russischen Präsidentschaftswahl kommendes Jahr antreten. "Derzeit ist Nawalny nicht berechtigt, sich um ein Amt zu bewerben", erklärte die zentrale Wahlkommission. Das Gremium verwies dabei auf die Verurteilung Nawalnys zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe wegen Veruntreuung. Nawalnys Moskauer Wahlkampfchef, Nikolai Liaskin, berief sich dagegen auf die Verfassung, wonach der Oppositionspolitiker kandidieren dürfe. Der Verfassung zufolge kann jeder, der nicht inhaftiert ist, sich für eine Wahl aufstellen lassen.
Die Wahlkommission erklärte, der Vorwurf der Veruntreuung falle in die Kategorie eines schweren Verbrechens. Jemand, der eines derart schweren Verbrechens für schuldig befunden werde, könne sich bis zehn Jahre nach Ende der Strafe nicht um ein öffentliches Amt bewerben, hieß es. Die Kommission erinnerte zugleich daran, dass eine Kandidatur für die Wahl im kommenden Jahr erst ab Dezember eingereicht werden könne.
Die Chefin der Wahlkommission, Ella Pamfilowa, hatte bereits kürzlich dem unabhängigen Fernsehsender Doschd gesagt, dass es wegen Nawalnys Verurteilung "keine Chance" gebe, dass der Oppositionspolitiker bei der Wahl kandidiere. Es bedürfe dazu eines juristischen "Wunders". Nawalny hatte im vergangenen Dezember seine Absicht erklärt, im kommenden Jahr als Präsidentschaftskandidat anzutreten.
Schwung der Kampagne abgewürgt
Der Blogger ist schon seit längerem im Visier der russischen Justiz: 2013 wurde er in einem Betrugsprozess zu fünf Jahren Haft verurteilt, die Strafe wurde später aber zur Bewährung ausgesetzt. Anfang Februar wurde er in einem neu aufgerollten Prozess abermals zu fünf Jahren Haft auf Bewährung wegen Veruntreuung verurteilt. Derzeit sitzt der Oppositionspolitiker eine 25-tägige Haftstrafe ab. Hintergrund ist ein Aufruf Nawalnys zu landesweiten Protesten gegen Staatschef Wladimir Putin und zu einer nicht genehmigten Demonstration in Moskau. Am 7. Juli soll Nawalny freikommen.
Der Putin-Gegner hat bereits Wahlkampfbüros in ganz Russland eröffnet. Um sich eine Kandidatur zu sichern, muss er im kommenden Winter binnen 40 Tagen 300.000 Unterschriften sammeln. Liaskin warf der Wahlkommission vor, "den Schwung" von Nawalnys Wahlkampagne abwürgen zu wollen. Nawalny sei "der einzige Kandidat, der Wahlkampf macht", sagte Liaskin. Den Behörden warf er vor, "große Angst" zu haben und Anhänger des Kreml-Kritikers daran hindern zu wollen, dessen Wahlkampf zu unterstützen.
Nawalny prangert in Russland vor allem die Korruption an. Insbesondere unter jungen Russen hat er viele Anhänger. Zu den von ihm organisierten Protesten kommen zunehmend junge Menschen. Allerdings sorgen Nawalnys Unterstützung nationalistischer Politiker sowie seine Auftritte bei von Neonazis besuchten Kundgebungen bei liberaleren Russen für Irritationen.
Quelle: ntv.de, Maxime Popow, AFP