Politik

Vor den Knesset-Wahlen Netanjahu lässt Bürger allein

Benjamin Netanjahu will weiterhin die Regierung anführen.

Benjamin Netanjahu will weiterhin die Regierung anführen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zu hohe Mieten, steigende Lebensmittelpreise - viele Israelis haben kein Verständnis mehr. Die Sozialpolitik scheint der israelischen Regierung nicht wichtig genug zu sein. Rüstung und Sicherheit hat immer Vorrang.

Auf dem Rothschild-Boulevard im Zentrum von Tel Aviv standen Anfang März wieder ein paar Zelte. Nach 2011 demonstrierten die Menschen erneut für mehr bezahlbaren Wohnraum. Die Wohnungen, die es gibt, sind für viele Bürger zu teuer. Laut einem Bericht des israelischen Staatskontrolleurs sind die Wohnungspreise in den vergangenen sieben Jahren um 55 Prozent angestiegen. Wohnen wird zum Luxusgut. Gerade in den größeren Städten des Landes haben das viele satt. Noch dazu sind die Lebensmittelpreise sehr hoch. Der Ärger darüber kumulierte sich 2014 im "Pudding-Protest", als ein in Deutschland lebender Israeli seinen Landsleuten die günstigen Pudding-Preise in Deutschland zeigte. In Israel kostet das Produkt fast das Dreifache. Die hohen Kosten für die Lebenshaltung standen schon 2011 im Zentrum der großen Sozialproteste.

Am 17. März stimmen die Israelis über ein neues Parlament ab. Seit der vergangenen Knesset-Wahl 2013 hat sich an der sozialen Situation im Land nichts geändert. Die Regierung um Premierminister Benjamin Netanjahu verliert den Blick für die Alltagsprobleme der Bevölkerung. In der aktuellen Knesset regieren Likud, HaBajit haJehudi, Hatenua und Yesh Atid. Der Großteil der Israelis hat große Schwierigkeiten, Wohnungen zu bekommen, eine einzelne Gruppe wird aber bevorzugt behandelt: die religiösen Siedler. In der Westbank werden immer wieder neue Wohnungen geschaffen, in dem das Land der palästinensischen Seite genommen wird. Die Siedler erhalten finanzielle Anreize, um sich dort niederzulassen. Die Regierung finanziert dieses System, gepusht wird dieses von der ultrarechten Siedler-Partei HaBajit haJehudi ("Jüdisches Heim").

Benjamin Netanjahu und Izchak Herzog sind Widersacher bei der Knesset-Wahl.

Benjamin Netanjahu und Izchak Herzog sind Widersacher bei der Knesset-Wahl.

(Foto: REUTERS)

Trotz vieler Probleme steht eine Mehrheit im Land seit Jahren hinter Benjamin Netanjahu. Das hat einen einfachen Grund: In bedrohlichen Situationen, wie dem andauernden Hamas-Raketenbeschuss auf Großstädte im Sommer 2014, ist der israelische Regierungschef immer auf die Sicherheitspolitik und die Angst der Landsleute fokussiert. Netanjahu sichert dann immer wieder zu, dass alle getan werde, um das Land und die jüdische Bevölkerung zu schützen. Das kommt bei den Wählern an, denn sie denken zunächst an ihre Sicherheit, die finanziellen und sozialen Nöte sind nachrangig.

Sicherheit immer das Top-Thema für Netanjahu

Dass die aktuelle Regierung sich viel um die Verteidigung des Landes kümmert, macht eine Zahl deutlich:16 Milliarden Dollar gibt das Land für das Militär aus. Die permanente Gefahr ist der Schlüssel, mit deren Hilfe Benjamin Netanjahu seine Sicherheits- und Rüstungspolitik durchsetzen kann. Nach Terrorattacken gibt es immer mal wieder verschärfte Maßnahmen, die von einem Großteil der Bevölkerung auch mitgetragen wird. Dazu zählen zum Beispiel die Sperrung des Tempelbergs in Jerusalem, nachdem es dort zu Ausschreitungen gekommen war.

Der Likud-Politiker wird nicht müde, auf die Bedrohung aus dem Iran hinzuweisen und auf die zahlreichen Krisenherde in Israels Nachbarschaft. Da fällt es der Regierung Netanjahu leicht, über Maßnahmen gegen Terroristen und andere Gefahren zu diskutieren. Aber die zutiefst alltäglichen Probleme packt die Regierung nicht an. Wenn Netanjahu wiedergewählt wird, wird sich daran wohl nicht viel ändern. Denn die Demonstranten hat er auch schon Jahre vorher im Stich gelassen.

Die Bürger Israels haben die Wahl, ob sie Netanjahu das Vertrauen schenken. Bei der nächsten Knesset-Wahl gibt es auch eine Besonderheit: Erstmalig gibt es eine einheitliche arabische Wahlliste. Die kleinen Parteien vereinen sich, um bessere Chancen zu haben. In der zersplitterten israelischen Parteienlandschaft ist es für Premierminister Netanjahu einfach, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Eine Chance auf eine Überraschung hat aber Awoda-Mitglied Izchak Herzog, als Kandidat der zionistischen Union. Es könnte ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen werden. Meinungsumfragen sehen das Herzog-Lager teilweise vorne. Vielleicht kann der Oppositionskandidat von dem wieder aufkeimenden Protest gegen den Amtsinhaber profitieren. Ansonsten wird es in Israel wohl wie gewohnt weitergehen mit der harten Linie von Netanjahu - für den die Sicherheit immer höchste Priorität hat.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen