Trumps Nahost-Initiative Ob das was wird?
30.09.2018, 20:00 Uhr
Donald Trump sprach am Dienstag vor der UN-Generalversammlung.
(Foto: AP)
Zum ersten Mal befürwortet der US-Präsident öffentlich die Zweistaatenlösung für den Nahostkonflikt. Dass er damit den toten Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern belebt, darf allerdings bezweifelt werden.
Vor 25 Jahren traute die Welt ihren Augen nicht. Am 13. September 1993 reichten sich Israels Ministerpräsident Jitzchak Rabin und Palästinenserführer Jassir Arafat in Washington die Hände und unterzeichneten das Osloer Friedensabkommen. Nachdem die ersten Geheimverhandlungen zwischen den Erzfeinden schon Monate zuvor in der norwegischen Hauptstadt stattgefunden hatten, kam dieser Prozess im Rosengarten des Weißen Hauses offiziell zu einem Abschluss.
Der jahrzehntelange Nahostkonflikt schien vor dem Ende zu stehen, die Lösung zum Greifen nahe. Doch es war ein kurzer Traum. Die palästinensische Terrororganisation Hamas, deren Ziel bis heute die Vernichtung des jüdischen Staates ist, sorgte mit einer Welle von Selbstmordattentaten für Angst und Schrecken in Israel. Als dann noch ein jüdischer Fanatiker Rabin 1995 ermordete, war dies der Anfang vom Ende. Unter dem neuen Premierminister Benjamin Netanjahu forciert Israel seither den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten. Der Friedensprozess und die damals angestrebte Zweistaatenlösung wurden zur Illusion.
Doch auf der diesjährigen Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York brachte US-Präsident Donald Trump überraschend zum ersten Mal öffentlich die Zweistaatenlösung als Antwort auf den israelisch-palästinensischen Konflikt zum Ausdruck. Nach einem Treffen mit Netanjahu sagte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, er glaube, "dass dies am besten funktionieren wird".
Die Details des Nahost-Friedensplans, an dem seine Regierung unter der Verantwortung seines Schwiegersohns und Beraters Jared Kushner arbeitet, werde in den nächsten zwei bis drei Monaten veröffentlicht, erklärte Trump und versprach, dass die Palästinenser "zu 100 Prozent" an den Verhandlungstisch zurückkehren würden. Er erwähnte auch, dass Israel etwas Gutes für die andere Seite tun müsse, denn es sei sein "Traum", noch vor Ablauf seiner ersten Amtszeit Frieden im Nahen Osten zu sehen.
"Das wäre ein Desaster für Israel"
Israels Regierungschef Netanjahu sagte, er unterstütze eine Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt: "Jeder definiert den Begriff Staat anders", sagte der Premier aber auch. Dann fügte er noch hinzu, er erwarte von Trump, den israelischen Vorschlag zu akzeptieren, dass Israel bei einem Friedensabkommen die Sicherheitskontrolle über das Westjordanland behält. "Ich bin bereit, den Palästinensern die Autorität zu überlassen, sich selbst zu regieren, ohne uns dabei zu schaden", so Netanjahu. Soll heißen: Netanjahu plädiert für ein entmilitarisiertes, zwergförmiges palästinensisches Gebilde, das von Israel kontrolliert wird.
Dass Netanjahu Schwierigkeiten hätte, seinen politischen Partnern zuhause selbst winzige Konzessionen an die Palästinenser schmackhaft zu machen, demonstrierte Bildungsminister Naftali Bennett. Der Chef der nationalistisch-religiösen Partei "Jüdisches Heim" drohte nach Trumps Rede mit dem Bruch der Koalition: "Solange unsere Partei in der Regierung ist, wird kein palästinensischer Staat gegründet, denn dies wäre ein Desaster für Israel."
"Wir werden keinen Besatzungssoldaten zustimmen"
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wiederum kritisierte in seiner Rede vor der Generalversammlung die US-Regierung und Israel. Er machte zudem deutlich, dass er den USA als Vermittler im Nahostkonflikt nicht traut: "Es wird keinen Frieden ohne einen unabhängigen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt geben." Trump habe mit seiner einseitigen Politik die Zweistaatenlösung begraben. "Wir haben seine Friedensinitiative mit äußerster Geduld erwartet, waren aber schockiert über seine Entscheidungen und Handlungen, welche komplett der Rolle der USA in dem Friedensprozess widersprechen", sagte Abbas. Sein Pressesprecher Nabil Abu Rudeineh wurde noch deutlicher: "Wir werden keiner Präsenz der Besatzungssoldaten in unserem palästinensischen Land zustimmen. Unseres Erachtens ist das gesamte Siedlungsunternehmen illegitim und wir werden alle Ideen und Vorschläge zurückweisen, welche die Entscheidungen der internationalen Gemeinschaft brechen."
Trump, der bei seinem Amtsantritt den israelisch-palästinensischen Konflikt zur Chefsache gemacht hatte, hatte zunächst sogar eine Einstaatenlösung vorgeschlagen. Den israelischen Siedlern hatte er damit Hoffnung auf grünes Licht gegeben, dass Israel die besetzten Gebiete annektieren werde. Auch hat die Trump-Administration Israel bei den UN stets eisern verteidigt. Nicht nur verlegte Trump die Botschaft der USA nach Jerusalem. Auch erklärte er den Flüchtlingsstatus der Palästinenser für beendet und kündigte an, dass die USA nicht mehr die UNRWA, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge, finanzieren würden. Zwei Verhandlungspunkte, die für die Palästinenser wichtig sind, nahm er damit vom Tisch: den Status von Jerusalem sowie das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge.
Es darf bezweifelt werden, ob die Friedensinitiative von Trump unter diesen Voraussetzungen Erfolg haben wird. Zu verhärtet sind die Fronten zwischen Israel und den Palästinensern, zu eindeutig steht die Trump-Regierung auf der Seite Israels.
Außerdem zeigt die Geschichte, dass Reden vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen nicht allzu ernst genommen werden sollten. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama träumte dort kurz nach seinem Amtsantritt, dass er den Frieden in Nahost bringen werde. Auf eine Wiederholung des historischen Handschlags von 1993 wartete die Welt jedoch vergebens.
Quelle: ntv.de