Rassismus in den USA Obama beschwört seine Landsleute
08.07.2016, 01:52 Uhr
Erneut werden zwei Afroamerikaner Opfer der Polizeigewalt. Der Gouverneur von Minnesota spricht offen von Rassismus. US-Präsident Obama zeigt sich sichtlich berührt und beschwört die Bürger, "nicht in die Routine zu verfallen".
Der Tod zweier Schwarzer durch Polizeikugeln ist nach Ansicht von US-Präsident Barack Obama ein Ereignis, das alle US-Amerikaner gleichermaßen angehen muss. "Wir erleben so etwas viel zu oft", sagte Obama unmittelbar nach der Landung in Warschau, wo er in der Nacht zum Freitag zum Nato-Gipfel eintraf. Die beiden Männer waren binnen 48 Stunden in den Bundesstaaten Minnesota und Louisiana von Polizisten erschossen worden.
Emotional zitierte Obama mehrere Statistiken, die die Benachteiligung von Afroamerikanern im US-Alltag belegen. "Menschen guten Willens können das besser", sagte Obama. "Der Wandel passiert zu langsam. Wir müssen dem mehr Dringlichkeit verleihen." Der sichtbar berührte Präsident beschwor die US-Bürger, nach dem Geschehenen nicht in routinierte Reaktionsmuster zu verfallen, sondern innezuhalten.
Zuvor hatte sich Obama bereits auf Facebook dazu geäußert. Ein eigenes Statement des US-Präsidenten wie hier in Warschau zu einem solchen Thema ist ungewöhnlich, der Zeitpunkt ebenso.
Vorgehen der Beamten rassistisch motiviert
Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Philando Castile bei einer Routinekontrolle der Polizei warf der Gouverneur von Minnesota, Mark Dayton, den Beamten "exzessive Gewaltanwendung" vor. Das gewaltsame Vorgehen der Polizisten sei "bei weitem übertrieben" gewesen, sagte Dayton. "Ich kann nicht sagen, wie schockiert ich bin und wie zutiefst, zutiefst verletzt, dass so etwas in Minnesota jemandem passiert, der wegen eines nicht funktionierenden Rücklichts angehalten wurde."
Zugleich legte der sichtlich bewegte Gouverneur nahe, dass das Vorgehen der Beamten rassistisch motiviert war. "Wäre das passiert, wenn diese Insassen, der Fahrer und die Passagiere, weiß gewesen wären?", fragte der demokratische Politiker. "Ich glaube nicht, dass es passiert wäre." Der Vorfall zwinge ihn und alle in Minnesota, "sich damit auseinanderzusetzen, dass diese Art von Rassismus existiert", fügte Dayton hinzu.
Freundin filmt den Sterbenden
Castiles Freundin Diamond Reynolds und ihre vierjährige Tochter waren bei dem Vorfall am Mittwoch in Falcon Heights ebenfalls in dem Auto gewesen. Reynolds filmte ihren sterbenden Freund, die Aufnahme wurde live im Internet übertragen. In dem Video ist Castile am Steuer zu sehen, während sich große Blutflecken auf seinem weißen Hemd ausbreiten.
"Oh mein Gott, bitte sagt nicht, dass er tot ist, bitte sagt nicht, dass mein Freund gerade einfach so gegangen ist (...) Sie haben gerade vier Kugeln auf ihn abgefeuert, Sir", ruft Castiles Freundin dem mutmaßlichen Polizeischützen zu.
Laut Reynolds hatte ihr Freund dem Polizisten geantwortet, dass er legal eine Waffe dabei habe. Castile habe seinen Waffenschein und die Fahrzeugpapiere herausholen wollen, als der Polizist auf ihn geschossen habe. Der Polizist habe Castile widersprüchliche Anweisungen gegeben, indem er ihn aufgefordert habe, die Hände hoch zu heben und zugleich seine Papiere zu zeigen.
Die Freundin versicherte, dass sie den Vorfall gefilmt habe "nicht um Mitleid zu erregen" oder um berühmt zu werden. "Ich habe es getan, damit die Welt weiß, dass diese Polizisten nicht da sind, um uns zu schützen. Sie sind dazu da, um uns zu ermorden, sie sind da, um uns zu töten, weil wir schwarz sind", sagte sie.
Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben in den vergangenen Jahren in den USA wiederholt für Empörung und Aufruhr vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Am Dienstag war im Bundesstaat Louisiana ein CD-Verkäufer aus nächster Nähe von der Polizei erschossen worden.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts