Politik

"Herr, vergib uns" Papst Franziskus besucht Auschwitz

fbc2c5ef192596665b617dbcfbd283ef.jpg

Schweigend und mit gesenktem Kopf betritt Papst Franziskus - wie schon seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. - das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Sein stilles Gedenken rührt vor allem die Überlebenden des Todeslagers.

Papst Franziskus hat im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz in aller Stille der Holocaust-Opfer gedacht und Gott um Vergebung für die Gräuel gebeten. Bei einem knapp zweistündigen Besuch im Stammlager sowie im nahe gelegenen Vernichtungslager Birkenau hielt der Papst immer wieder inne, um zu beten und seine Gedanken den Ermordeten zu widmen. Er traf auch Überlebende und Menschen, die im Nationalsozialismus unter Einsatz ihres Lebens Juden vor dem Tod retteten.

In Auschwitz-Birkenau töteten die Nazis mehr als 1,1 Millionen Menschen, vor allem Juden. Franziskus ist der dritte Papst, der die Gedenkstätte im Süden Polens besuchte. Schon zuvor hatte er deutlich gemacht, dass er im Gegensatz zu seinen Vorgängern Johannes Paul II. und Benedikt XVI. schweigen wollte. Der Vatikan sprach von einem "Tag des Leidens", an dem der Schmerz im Mittelpunkt stehe. In einem Besucherbuch in Auschwitz schrieb Franziskus in seiner Muttersprache Spanisch einige Gedanken nieder: "Herr, habe Erbarmen mit deinem Volk!", heißt es dort. "Herr, vergib uns so viel Grausamkeit."

Zum Auftakt seines Besuches ging der Papst mit leicht gesenktem Haupt und ernster Miene durch das Eingangstor des früheren Stammlagers, über dem noch immer der zynische Spruch "Arbeit macht frei" steht. Kurz darauf setzte er sich zwischen den Blöcken hin und verharrte dort etwa 15 Minuten im stillen Gebet.

Lob jüdischer Verbände

In einer innigen Begegnung traf Papst Franziskus mit zehn Überlebenden des Lagers zusammen.

In einer innigen Begegnung traf Papst Franziskus mit zehn Überlebenden des Lagers zusammen.

(Foto: imago/epd)

Franziskus traf mehrere Holocaust-Überlebende und wechselte einige Worte mit ihnen, dann stellte er an der "Todeswand", an der unzählige Menschen erschossen wurden, eine Kerze ab. Er berührte auch den Pfeiler eines Galgens. Im düsteren Keller des Blocks 11 saß und betete der Papst in der nur spärlich beleuchteten Todeszelle des Franziskanermönchs Maximilian Kolbe, der vor 75 Jahren ermordet wurde. Dann verließ der Argentinier das Stammlager erneut zu Fuß und allein durch das Tor.

Auf dem nahe gelegenen Gelände des Vernichtungslagers Birkenau stellte Franziskus am Mahnmal nahe der Ruinen der Krematorien ein Gefäß mit mehreren Kerzen auf. Auch hier verharrte er minutenlang in aller Stille und schaute sich die Gedenktafeln an. Ein Rabbiner trug einen Psalm auf Hebräisch vor. Rund 1000 geladene Gäste verfolgten das Geschehen, darunter KZ-Überlebende, die zum Teil Schals und Halstücher in den blau-weißen Häftlingsfarben trugen. Frühere Häftlinge und Vertreter jüdischer Verbände lobten das demütige und stille Auftreten des Papstes in Auschwitz.

"Sein Blick war richtig tief"

"Ich habe den Besuch als anrührend und bewegend empfunden", sagte Eva Umlauf. Die Frau aus München gehörte zu dem Dutzend Überlebender, die Franziskus im kleinen Kreis trafen. "Sein Blick war richtig tief, er hat sich mit jedem von uns befasst."

Der Vize-Exekutivpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner, sagte: "In einer Welt immer schnellerer und lauterer Worte ist das Schweigen des Papstes eine starke, beeindruckende Geste." Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, sprach von einem "starken Signal" gegen den Hass. Franziskus sei für die jüdische Gemeinschaft einer der engsten Verbündeten im Kampf gegen Antisemitismus und Fanatismus.

Quelle: ntv.de, jug/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen