Grönemeyer singt für Weltoffenheit Pegida unterwandert Toleranzfest
26.01.2015, 14:32 UhrMuss man sich von Pegida-Demonstranten abgrenzen, wenn man die Weltoffenheit im Land stärken möchte? Die Veranstalter einer Toleranz-Demo in Dresden finden das offenbar nicht – sondern freuen sich auf die Pegida-Anhänger.
Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine sehr dumme Idee: Die Pegida-Führung ruft zu ihrer eigenen Gegendemo auf. Der Verein "Dresden – Place to be" hat eine Veranstaltung organisiert, die sich explizit gegen Pegida richtet. "Der wöchentliche Auftritt der Pegida hat in den vergangenen Wochen in Dresden das Bild der Stadt geprägt", schreibt der Verein auf seiner Homepage und will dagegenhalten: Musiker wie Herbert Grönemeyer sollen Dresden "bunt, weltoffen, tolerant" präsentieren.
Nun gibt es seit den ersten Wochen von Pegida das Problem, dass die Wahrnehmung der Bewegung von innen und von außen sehr unterschiedlich ist: Beobachter finden, dass die Angst vor einer vermeintlichen Islamisierung das Gegenteil von Weltoffenheit ausdrückt. Doch Pegida ficht das nicht an. Die Gruppe meint von sich selbst, auch weltoffen und tolerant zu sein.
Und so rief Pegida-Frontfrau Kathrin Oertel ihre Anhänger dazu auf, auch an der Toleranz-Demo teilzunehmen. Wenn schon Steuergeld für ein solches Umsonst-Konzert investiert werde, solle auch Pegida etwas davon haben. Erstmals verlegte die Führung ihre Demo darum vom Montagabend auf den Sonntagnachmittag. Stärkt sie damit nicht die Bewegung gegen sich selbst?
Auf den ersten Blick scheint das so zu sein, auf den zweiten Blick könnte sich dahinter eine geschickte Idee verbergen: Wenn nun auch Pegida ein paar Tausend Menschen dazu mobilisiert, für Toleranz zu demonstrieren – kann man dann noch von einer Gegendemonstration sprechen? Funktionieren dann noch die Zahlenspiele, bei denen Pegida-Demonstranten und Gegendemonstranten miteinander aufgerechnet werden? Pegida will die eigene Gegenbewegung ganz offensichtlich nicht stärken, sondern unterwandern.
"Dresden – place to be" hat damit kein Problem. "Wir wollen alle Menschen ansprechen, die sich für Toleranz und gegen Rassismus aussprechen", sagt Sprecherin Martina Aschmies. Man halte es für völlig falsch, andere Menschen zu verunglimpfen. Ist damit Pegida gemeint? Nein, sagt Aschmies. Es gehe nicht darum, gegen eine andere Gruppe von Menschen zu sein. "Wir wollen die Fronten aufweichen." Das dürfte Pegida sehr gelegen kommen, die Gruppe versucht seit Wochen, sich ein friedliches Image zu geben und in der Gesellschaft gehört zu werden. Unter Politikern gibt es eine heftige Debatte darüber, wie sehr man darauf eingehen darf und wie sehr man sich abgrenzen muss.
Ob sich die Pegida-Anhänger beim Toleranzfest wohlfühlen, wird von den Künstlern abhängen, die dort auftreten. Sie werden nicht nur singen, sondern auch zu den Dresdnern sprechen. Wie klar sie sich dabei von Pegida abgrenzen, kann Aschmies noch nicht sagen, die Statements sind nicht alle abgesprochen. Die Künstler könnten aus dem Konzert also doch noch eine klare Anti-Pegida-Demonstration machen.
Die Behauptung von Pegida, für das Fest werde Steuergeld ausgegeben, weist "Dresden – place to be" übrigens scharf zurück: Das Geld kommt aus Spenden, die Künstler treten ohne Gage auf, die Organisatoren arbeiten in ihrer Freizeit.
Quelle: ntv.de