Politik

Folter statt Pop in Aserbaidschan Polizei schlägt Musiker zusammen

Der Sänger von Bulistan, Jamal Ali, wurde festgenommen.

Der Sänger von Bulistan, Jamal Ali, wurde festgenommen.

(Foto: dapd)

Die Regierung in Baku stellt Aserbaidschan gern als Land im "Transformationsprozess" dar, in dem Demokratie und Meinungsfreiheit "praktisch gelebt" würden. Dazu passt nicht so gut, dass Polizisten in Baku zwei Musiker zusammenschlagen, die Präsident Alijew kritisiert haben sollen.

Zwei Monate vor dem Finale des Eurovision Song Contest in Baku haben Menschenrechtler Aserbaidschan wegen der Festnahme von zwei Rockmusikern kritisiert. Die Mitglieder der Gruppe Bulistan seien bei einer Protestkundgebung gegen die Regierung am Wochenende wegen "Rowdytums" festgenommen und von Polizisten zusammengeschlagen worden, teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) mit. Niemand sollte in Polizeigewahrsam geschlagen werden, selbst wenn er etwas singe, was den Behörden nicht gefalle, erklärte HRW-Vertreterin Jane Buchanan.

Polizisten lösten die friedliche Kundgebung auf und führten Ali ab.

Polizisten lösten die friedliche Kundgebung auf und führten Ali ab.

(Foto: dapd)

Den Angaben zufolge hatten die Musiker Staatschef Ilham Alijew und seine Familie kritisiert. Neben den beiden Musikern wurde auch der Veranstalter der Kundgebung festgenommen. Amnesty International hatte vor einigen Tagen kritisiert, es sei "zutiefst ironisch", dass die aserbaidschanischen Behörden wenige Wochen vor dem ESC mit Gewalt gegen kritische Musiker vorgingen.

Weitere Proteste erwartet

Die Kundgebung vom 17. März, an der etwa 1000 Menschen teilgenommen hatten, war von einem "Komitee zur Verteidigung der Jugend" organisiert worden, wie der Koordinator der aserbaidschanischen Kampagne "Sing for Democracy", Rasul Jafarov, vor der Demonstration im Interview mit n-tv.de sagte. Zu diesem Zeitpunkt ging Jafarov noch davon aus, dass es im April und Mai weitere Proteste geben werde.

Nachdem das aserbaidschanische Gesangsduo Ell und Nikki im vergangenen Jahr in Düsseldorf den ESC gewann, wird der Wettbewerb in diesem Jahr in Baku ausgetragen. Die Regierung des Landes sieht darin eine Gelegenheit, sich international zu profilieren. Örtliche Regierungskritiker hoffen indes, dass das Medieninteresse auch auf die Situation der Meinungsfreiheit und der Bürgerrechte aufmerksam machen wird.

Bundesregierung: In Aserbaidschan wird gefoltert

Während die Regierung in Baku Aserbaidschan als im "Transformationsprozess" beschreibt, in dem Demokratie und Meinungsfreiheit "praktisch gelebt" würden, wird dort nach Einschätzung der Bundesregierung weiterhin gefoltert. Dies geht aus der Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor.

Nach Berichten von Menschenrechtlern habe es vergangenes Jahr in Gefängnissen, Polizeianstalten und anderswo mindestens 136 Fälle von Folter gegeben. 9 Menschen seien an den Folgen gestorben. Grundlage ist ein Bericht des "Aserbaidschanischen Komitees gegen Folterungen", das von der Bundesregierung als "vertrauenswürdig" eingeschätzt wird.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, habe bei einem Besuch Aserbaidschans im August 2011 selbst "deutliche Defizite bei bürgerlichen und politischen Rechten festgestellt", so das Auswärtige Amt weiter.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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