Menschen durch Loch in Wand gerettet Polizei spricht von 49 Opfern in Orlando
13.06.2016, 16:17 Uhr
Vor der US-Botschaft in Berlin legen Menschen Blumen und Regenbogenfahnen nieder und entzünden Kerzen.
(Foto: REUTERS)
Der Angreifer von Orlando tötete insgesamt 49 Menschen. Das 50. Opfer sei der Schütze selbst gewesen, teilt die Polizei mit. Zudem nennen die Behörden weitere Einzelheiten zu der Tat. So wurden etwa mehrere Menschen von der Polizei gerettet.
Nach dem Massaker von Orlando haben die Ermittler die Zahl der Opfer mit 49 angegeben. Der 50. Tote sei der Angreifer, sagten Vertreter der Polizei in Orlando. Er werde nicht als Opfer gezählt. 48 der 49 Opfer seien identifiziert. Etwa 50 weitere Gäste des Nachtclubs seien zum Teil schwer verletzt worden.
Der 29-jährige Omar Seddique Mateen hatte in der Nacht zum Sonntag in einem bei Schwulen, Lesben und Trans-Personen beliebten Nachtclub in der Stadt im Bundesstaat Florida Geiseln genommen und Dutzende Besucher erschossen oder verletzt. Er wurde schließlich von der Polizei erschossen. In seinem Auto wurde eine dritte Waffe gefunden, die bisher nicht näher bezeichnet wurde. Die Tat ist das schlimmste Massaker in den USA seit den Attentaten vom 11. September 2001. Sie gilt zudem als blutigste Tat eines Einzelschützen in der modernen US-Geschichte.
Anruf nach den ersten Schüssen
Nach seinen ersten Schüssen rief der Angreifer beim Polizeinotruf 911 an und bekannte sich dort zum Islamischen Staat, erklärte der örtliche Polizeichef John Mina. Bisher hatte es verschiedene Angaben über den Zeitpunkt des Anrufs gegeben. Am Sonntag hatte es noch geheißen, der Angreifer Omar Mateen habe sich bereits vor seiner Tat zum IS bekannt. Mina sagte, Mateen habe vermutlich aus einer Toilette angerufen, in der er sich verschanzt hatte. Im Verlauf der Geiselnahme habe die Polizei versucht, mit dem Attentäter zu verhandeln. "Er war gelassen und ruhig, als er mit der Polizei telefonierte", sagte Mina. Derzeit werde untersucht, ob nach weitere Menschen an der Tat beteiligt waren, hieß es weiter. Ein FBI-Team werde den Angriff rekonstruieren.
Der IS bezeichnete Mateen als "Soldat des Kalifats" und bekannte sich damit zu dem Anschlag. Die US-Behörden äußerten sich zunächst nicht darüber, ob Mateen von der IS-Miliz einen Auftrag für den Anschlag erhielt oder ob er von ihr inspiriert worden sein könnte. Das FBI hatte Mateen in der Vergangenheit drei Mal wegen islamistischer Tendenzen vernommen. Ermittler Ronald Hopper sagte, Mateen habe 2013 vor Kollegen Andeutungen gemacht, die "an eine mögliche Verbindung mit Terroristen denken ließen". Außerdem sei gegen ihn wegen möglicher Kontakte zu einem US-Selbstmordattentäter ermittelt worden. Die Akten wurden geschlossen, und trotz der Vernehmungen arbeitete Mateen bei einer der größten Sicherheitsfirmen der USA und hatte zwei Waffenscheine, mit denen er sich Tage vor dem Massaker eine kurze und eine lange Schusswaffe kaufte.
Vater des Schützen äußert sich
Mateens Vater, ein afghanischer Einwanderer, nannte im Sender NBC Hass auf Schwule als mögliches Motiv. Religiöse Beweggründe schloss er aus. Mateens Ex-Frau Sitora Yusufiy bezeichnete den 29-Jährigen als instabilen, aufbrausenden und gewalttätigen Menschen. Sie habe aber "keinerlei Anzeichen" für eine Radikalisierung gehabt. Mateen habe drei bis vier Mal pro Woche am Abendgebet der Moschee seines Wohnorts Fort Pierce teilgenommen, berichtete der dortige Imam Syed Shafeeq Rahman. Er hätte "niemals erwartet", dass Mateen eine solche Tat begehen könnte.
Zur Befreiung der Geiseln des Todesschützen rammte die Polizei nach eigenen Angaben mit einem gepanzerten Fahrzeug ein Loch in die Außenmauer. Polizeichef Mina sagte, die Beamten hätten erst versucht, ein Loch in die Wand zu sprengen, um Menschen zu befreien, die der Todesschütze in einen Waschraum gesperrt habe. Die Explosion habe jedoch nicht ausgereicht, um einen Fluchtweg frei zu sprengen. Deshalb seien die Polizisten dann mit dem Fahrzeug gegen die Mauer gefahren.
"Wir hatten zu diesem Zeitpunkt den Eindruck, dass sonst der Tod weiterer Menschen zu erwarten gewesen wäre", fügte Mina hinzu. Anschließend hätten sich zahlreiche Besucher des Nachtclubs durch das Loch ins Freie gerettet. Auch der Todesschütze habe das Gebäude durch dieses Loch im Mauerwerk verlassen. Dabei habe er weiter um sich geschossen.
Weltweite Solidarität
In Gedenken an die Opfer von Orlando wechselt derweil der Pariser Eiffelturm seine Farben. Das weltweit bekannte Wahrzeichen der französischen Hauptstadt werde am Abend in den Regenbogenfarben der Schwulen- und Lesbenbewegung angeleuchtet, hieß es auf dem Twitterkonto des Eiffelturms. Der Tweet war mit den Hashtags #ParisStandsWithOrlando #LGBT und #LoveWins versehen. Auch das Pariser Rathaus hisste ein Regenbogen-Banner. Paris war im vergangenen Jahr Ort verheerender Anschläge. Damals hatte es weltweit eine Welle der Solidarität gegeben. Schwulenbars im Zentrum Londons wollen zum Gedenken eine Mahnwache abhalten. Die Lokale im Stadtteil Soho sollten ab 19 Uhr (Ortszeit) eine Stunde lang geschlossen bleiben, sagte ein Organisator der Initiative der Zeitung "Gay Times". Auch für das Londoner Gay-Pride-Festival am 25. Juni sei eine Schweigeminute geplant, hieß es.
Auch das One World Trade Center in New York ließ seine Antenne in den Regenbogenfarben erstrahlen. Am Empire State Building blieben die Lichter in der Nacht zum Montag dagegen "aus Sympathie für die Opfer" aus. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio ordnete zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für schwule und lesbische Einrichtungen an. An der Space Needle in Seattle im Westküstenstaat Washington wurde die zum "Gay Pride"-Monat wehende Regenbogenflagge auf Halbmast gesetzt. Auch die Rathäuser in New York und Los Angeles erstrahlten in der Nacht in den Regenbogenfarben.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP