Vom Schreibtisch aus Putin wohnt Atomwaffenübung bei
27.10.2022, 10:38 Uhr
Mit Sicherheitsabstand: Der russische Präsident verfolgt eine Übung der Atomstreitkräfte per Video-Schalte.
(Foto: IMAGO/SNA)
Trotz westlicher Zurückweisung hält Russland an seiner Behauptung fest, die Ukraine wolle eine atomar verseuchte Bombe auf dem eigenen Boden zünden. Kremlchef Putin erklärt, das Risiko eines weltweiten Konflikts sei hoch - und verfolgt eine Übung der russischen Atomstreitkräfte.
Der russische Staatschef Wladimir Putin hat am Nachmittag einer Übung der "strategischen Abschreckungskräfte" seines Landes beigewohnt, deren Aufgabe es unter anderem ist, auf eine Bedrohung durch einen atomaren Angriff zu reagieren. "Unter der Führung des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, Wladimir Putin, haben die strategischen Abschreckungskräfte am Boden, zu Wasser und in der Luft ein Training abgehalten", teilte der Kreml mit. Die Übung diene der Vorbereitung auf einen möglichen feindlichen Atomwaffenangriff auf Russland, zitierte RIA den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Der Kreml stellte Fotos zur Verfügung, auf denen zu sehen ist, dass Putin der Übung via Video-Schalte folgte.
Die Übung habe den Abschuss von ballistischen Raketen und von Marschflugkörpern umfasst. Unter anderem wurden demnach ballistische Raketen von der Halbinsel Kamtschatka und aus den Gewässern der Barentssee in der Arktis aus abgefeuert. An der Übung waren auch Langstreckenbomber vom Typ Tu-95 beteiligt. "Die gestellten Aufgaben der Übung zur strategischen Abschreckung wurden vollständig erfüllt. Alle Raketen haben ihr Ziel erreicht", hieß es in der Mitteilung weiter. Aufgabe der russischen "strategischen" Streitkräfte ist im weitesten Sinne die Reaktion auf Bedrohungen von außen, unter anderem im Falle eines Atomkriegs. Sie sind mit Interkontinentalraketen, strategischen Langstreckenbombern, U-Booten, Schiffen und Marineflugzeugen ausgerüstet. Die Übungen fanden vor dem Hintergrund der russischen Offensive in der Ukraine und der Krise zwischen Moskau und westlichen Staaten statt. Russische Regierungsvertreter hatten wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen im Falle einer existenziellen Bedrohung Russlands gedroht.
Bei einem Treffen mit Staatschefs ehemaliger Sowjetrepubliken erklärte Putin vor dem Training, Russland seien ukrainische Pläne bekannt, eine schmutzige Bombe mit radioaktivem Material einzusetzen. Putin sagte weiter, das Risiko eines weltweiten Konfliktes sei hoch. Die Sicherheitsvorkehrungen von Infrastruktur-Einrichtungen sollten erhöht werden.
USA: "An den Behauptungen ist nichts dran"
Eine "schmutzige Bombe" besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion. Russland hatte die Vorwürfe am Sonntag publik gemacht, die Ukraine sowie die USA, Frankreich und Großbritannien wiesen diese zurück. Trotzdem beharrt Russland auf der Behauptung, die Ukraine habe eine solche Bombe und wolle sie einsetzen. Beweise hat Moskau nicht präsentiert. Vielmehr sieht sich Russland dem Verdacht ausgesetzt, selbst den Einsatz einer "schmutzigen Bombe" in der Ukraine vorzubereiten.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte nach einer Aussprache im UN-Sicherheitsrat zu dem Thema, dass an der russischen Behauptung absolut nichts dran sei. "Es ist einfach nicht wahr. Wir wissen, dass es nicht wahr ist", sagte Kirby. "Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass die Russen gelegentlich andere für Dinge verantwortlich gemacht haben, die sie vorhatten zu tun."
Das russische Militär hatte bereits am Montag erklärt, es habe seine Streitkräfte auf den Einsatz unter Bedingungen radioaktiver Strahlung vorbereitet. Dies teilte der Leiter der russischen nuklearen, biologischen und chemischen Schutztruppen, Generalleutnant Igor Kirillow, in einem Medienbriefing mit.
Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa