Tödliche Suchtmittel Rauchen bleibt der Killer Nummer eins
18.10.2018, 14:43 Uhr
Zwar rauchen immer weniger Deutsche Zigaretten - doch Ersatzprodukte wie E-Zigaretten oder Shishas werden gleichzeitig immer beliebter.
(Foto: dpa)
In Deutschland sinkt die Zahl der Todesfälle durch illegale Drogen. Doch Grund zur Freude ist das nur bedingt. Jedes Jahr sterben rund 120.000 Menschen an den Folgen ihres Tabakkonsums. Und Alternativen zur Zigarette sind nicht automatisch ungefährlicher.
Legale Drogen sind nach wie vor die häufigste Todesursache bei Suchterkrankten: Jedes Jahr sterben laut aktuellem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung rund 120.000 Deutsche an den Folgen des Rauchens; auch typische Erkrankungen infolge eines missbräuchlichen Alkoholkonsums sind konstant hoch. Illegale Drogen kosten jährlich rund 1300 Menschen das Leben. Zwar nimmt die Zahl der Raucher laut der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler, seit Jahren beständig ab - und auch der Alkoholkonsum sei rückläufig. Doch Grund zur Entwarnung gebe es nicht.
Noch immer trinke jeder sechste Deutsche "in einem gesundheitlich schädlichen Ausmaß", so Mortler. Und noch immer werde "deutlich zu viel und vor allem gedankenlos getrunken". Zudem warnte sie vor E-Zigaretten und Wasserpfeifen. Sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen gebe es einen klaren Aufwärtstrend beim Konsum von alternativen Rauchprodukten. Doch weniger gesundheitsschädlich sind sie nicht unbedingt.
Beispiel Shisha: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) warnt seit längerem vor dem Rauchen von Wasserpfeifen. Weil der Tabak bei niedriger Temperatur verschwelt werde anstatt direkt verbrannt, entstünden "Gifte wie Acetaldehyd, Acrolein oder Benzol in hohen Konzentrationen", heißt es in einer Aufklärungsbroschüre. Auch E-Shishas seien nicht unbedenklich, so die BzgA. Denn die Liquids, die in den Elektropfeifen verdampft würden, enthielten häufig Propylenglykol und abhängig machende Nikotinzusatzstoffe. Auch deshalb will Mortler das Präventionsangebot weiter ausbauen.
Cannabis soll illegal bleiben
Was illegale Drogen angeht, beobachtet die Drogenbeauftragte grundsätzlich einen positiven Trend - doch im Detail zeigen sich auch in dieser Frage Licht und Schatten. Zwar sank die Zahl der Drogentoten im vergangenen Jahr erstmals seit Längerem wieder leicht auf 1272. Die meisten Opfer gebe es laut Drogenbericht durch Überdosierungen von Opioiden wie Heroin und Morphin. "Was mich besorgt, ist aber der Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen", erklärte Mortler. Kern des Problems seien vor allem die gesundheitlichen Folgen bei einem besonders frühen Einstieg in die Droge.
Laut Bericht hat mehr als jeder dritte junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren schon einmal gekifft. Mortler warnte davor, Cannabis zu verharmlosen. "Da ist meine Haltung unverändert." Die jüngste Legalisierung von Marihuana in Kanada halte sie für eine "Kapitulation", so die CSU-Politikerin. "Wir kennen die Aussagen von kanadischen Fluggesellschaften und der Polizei, die ihre Angestellten darum bitten, vom Konsum Abstand zu nehmen, weil massive gesundheitliche Schäden für den Konsumenten, aber auch für das Umfeld drohen." Anders als vor 20 Jahren sei der Stoff heutzutage wesentlich stärker. "Die Antwort darauf kann nicht die Legalisierung sein", sagte Mortler.
Mortler fordert bessere Hilfen
Vielmehr müssten Betroffene früher in Beratung gebracht werden. "Da sehen wir eine große Lücke", klagte Mortler. "Viele kommen erst nach Jahren ins Hilfesystem." Kanada hatte am Mittwoch als zweites Land der Welt nach Uruguay den Anbau und Verkauf von Marihuana legalisiert. Auch in Deutschland wird dies immer wieder diskutiert. Vor allem die Grünen fordern die bundesweite Freigabe von Cannabis. Die Verbotspolitik der Bundesregierung sei "krachend gescheitert", sagte etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir dem Berliner "Tagesspiegel". "Der Schwarzmarkt blüht, es gibt weder einen funktionierenden Jugend- noch Gesundheitsschutz."
Dem widersprach der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Es sei ein Irrglaube, dass die Legalisierung eines verbotenen Stoffes die Kriminalität in diesem Zusammenhang reduziere. "Fällt ein Verbot, wird damit gleichzeitig suggeriert, dass etwas ja gar nicht so gefährlich ist, wie immer behauptet wurde", ergänzte Malchow. Gewerkschaft und Bundesregierung fürchten, dadurch könne die Hemmschwelle - gerade bei Jugendlichen - sinken. Mortler hält davon nichts. "Wenn es uns ernst ist damit, dass der Gesundheitsschutz eine größere Rolle spielt, dann müssen wir weniger für den Papierkorb als für die Gesundheit arbeiten."
Quelle: ntv.de, jug