Politik

"Ein Meer des Todes" Rettungskräfte finden keine Überlebenden

Die italienische Küstenwache mit der Leiche eines Flüchtlings.

Die italienische Küstenwache mit der Leiche eines Flüchtlings.

(Foto: AP)

Die Hoffnung war vergeblich. Rettungskräfte finden nach dem Untergang des Flüchtlingsschiffs im Mittelmeer weder Überlebende noch Tote. Und noch wird gerätselt: Wie viele Menschen passten auf das 20 Meter lange Schiff?

Nach der jüngsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer haben die Rettungskräfte keine weiteren Überlebenden oder Toten gefunden. Die Suche nach Vermissten werde fortgesetzt, "aber leider wurde kein einziger Überlebender gefunden", sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Italien, Carlotta Sami, dem Fernsehsender RAInews24. Die italienische Küstenwache teilte mit, bislang gebe es 28 Überlebende und 24 geborgene Tote. Die Leichen wurden nach Malta gebracht.

In der Nacht zum Sonntag war rund 110 Kilometer vor der Küste Libyens ein Flüchtlingsschiff gekentert. Wie das UNHCR unter Berufung auf Überlebende mitteilte, waren rund 700 Menschen an Bord. Nach Angaben eines anderen Überlebenden, der in ein Krankenhaus im sizilianischen Catania eingeliefert wurde, befanden sich sogar 950 Flüchtlinge an Bord, darunter 50 Kinder und 200 Frauen. Die Schlepper hätten viele von ihnen im Frachtraum eingesperrt.

Um herauszufinden, wie viele Menschen tatsächlich an Bord waren, wollen die Behörden nun weitere Überlebende befragen. UNHCR-Sprecherin Sami sagte, 950 Menschen an Bord eines 20 Meter langen Schiffes erscheine ihr zu viel. "Es ist aber sicher, dass es Hunderte Opfer geben wird und viele von ihnen nie gefunden werden."

Politischer Druck wächst

Deutschland forderte die EU zu raschem Eingreifen auf. "Es ist allen in der Bundesregierung klar, dass gehandelt werden muss, um weitere Unglücke und massenhafte Tode im Mittelmeer zu verhindern", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dazu müsse man sich sehr dringend verständigen, ergänzte er mit Blick auf das Treffen der europäischen Innen- und Außenminister an diesem Montag. Eine Wiederauflage der Rettungsaktion "Mare Nostrum" sei aber nicht Position der Bundesregierung, sagte der Sprecher von Innenminister Thomas de Maziere. Das sei kein Allheilmittel.

Mit der Aktion "Mare Nostrum" hatten italienische Schiffe in großem Stil Flüchtlinge schon auf dem Meer aufgenommen. Dies führte aber zu der Kritik, damit werde der Flüchtlingsstrom noch verstärkt.

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia Roth kritisierte, dass die EU "Mare Nostrum" zurückgefahren hat. "Es ist eine Schande für Europa und ich bin tief bedrückt, denn die EU hat den Friedensnobelpreis bekommen, der müsste ihr eigentlich aberkannt werden, wenn nicht endlich reagiert wird", so Roth bei n-tv. Sie sprach von einer "monströsen humanitären Tragödie", das Mittelmeer sei "ein Meer des Todes geworden".

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, SPD, forderte bei n-tv, dass "eine vernünftige Politik auf den Weg gebracht" werde. Ein Krisengipfel der EU reiche nicht. Da die Flüchtlinge auf Schlepper angewiesen seien, forderte sie ein neues Seenotrettungsprogramm der EU.

Malta forderte ein UN-Mandat für ein gezieltes Vorgehen gegen Schlepperbanden. UN-Einsatzkräfte müssten direkt in Libyen gegen Schleuser vorgehen, umso das Ablegen von Flüchtlingsbooten zu verhindern, sagte der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat in Valetta. Wenn nicht bereits in Nordafrika eingegriffen werde, würden sich Unglücke wie am Wochenende immer wiederholen.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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