Politik

Nur keine Angst verbreiten! Rot-Rot-Grün will Schwarze Null

Links die Linke, der Grüne in der Mitte, SPD rechts: Susanne Hennig-Wellsow, Dieter Lauinger und Andreas Bausewein stellen den Koalitionsvertrag vor.

Links die Linke, der Grüne in der Mitte, SPD rechts: Susanne Hennig-Wellsow, Dieter Lauinger und Andreas Bausewein stellen den Koalitionsvertrag vor.

(Foto: dpa)

Man wolle "nicht alles anders machen, aber vieles besser", verkündet die Thüringer Linken-Chefin bei der Vorstellung des rot-rot-grünen Koalitionsvertrags. Die Botschaft: Niemand muss Angst haben, wenn ein Linker Ministerpräsident wird.

Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow begrüßt die Journalisten "im rot-rot-grünen Bundesland Thüringen". Erst am Vortag haben Linke, SPD und Grüne ihre Koalitionsverhandlungen in Erfurt beendet, jetzt stellen sie den Koalitionsvertrag vor.

Man merkt, dass sich alle drei Parteien auf unsicherem Gelände bewegen: Jetzt nur keinen Fehler machen, niemanden verschrecken! Rot-Rot-Grün werde "nicht alles anders machen, aber vieles besser", zitiert Hennig-Wellsow - bewusst oder unbewusst - ausgerechnet den Wahlslogan, mit dem die SPD unter Gerhard Schröder 1998 in den Bundestagswahlkampf gezogen ist.

Bewährtes solle fortgesetzt werden, betont die Linken-Chefin. Nicht dazu zählt aus ihrer Sicht die Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes. Anders als von den Linken seit Jahren gefordert, wird das Landesamt für Verfassungsschutz aber nicht aufgelöst. Dennoch verkündet Hennig-Wellsow die "Abschaffung der Thüringer V-Leute" - was so im Koalitionsvertrag nicht steht. Dort heißt es, man werde das bisherige System der V-Leute "beenden". Dann folgt ein einschränkender Satz: "Über Ausnahmen von dieser Regelung kann im begründeten Einzelfall zum Zweck der Terrorismusbekämpfung nur durch Zustimmung des für Inneres zuständigen Kabinettsmitgliedes und des Ministerpräsidenten abgewichen werden." Mit anderen Worten: Ohne die Zustimmung der SPD, die den Innenminister stellen wird, läuft nichts.

Landeserziehungsgeld wird abgeschafft

Wenn die Ankündigung einer "Abschaffung" der V-Leute als Signal an die eigenen Leute gedacht war, dann hat Hennig-Wellsow auch Signale für die Wähler von SPD und Grünen dabei. Ziel sei "eine demokratische, eine soziale und eine ökologische Gestaltung Thüringens" - wohlgemerkt: Gestaltung, nicht Umgestaltung.

Eine revolutionäre Umwälzung ist offensichtlich nicht geplant. 500 Lehrer wollen die drei Parteien jährlich einstellen, die Kommunen sollen finanziell entlastet werden, wie SPD-Chef Andreas Bausewein betont, die energetische Gebäudesanierung soll gefördert werden, für Jugend- und Sozialarbeit soll es mehr Geld geben, das Landesarbeitsmarktprogramm soll sich verstärkt um Langzeitarbeitslose kümmern, ein Kita-Jahr soll kostenlos werden.

Nur bei diesem Projekt ist klar, wie es finanziert werden soll: Dem kostenlosen Kita-Jahr fällt das umstrittene Landeserziehungsgeld von bis zu 300 Euro monatlich zum Opfer. Ansonsten steht der Koalitionsvertrag unter einem Finanzierungsvorbehalt.

Sowohl Hennig-Wellsow als auch Bausewein und Grünen-Landeschef Dieter Lauinger betonen, dass es unter Rot-Rot-Grün nur Haushalte mit einer "schwarzen Null" geben werde. Im Bund klingen die Linken anders, da wird die schwarze Null von Finanzminister Wolfgang Schäuble von der Opposition schon mal als "Fetisch" bezeichnet. Eine Wünsch-dir-was-Koalition will Rot-Rot-Grün in Thüringen ausdrücklich nicht sein. Nicht alles, was man sich vorgenommen habe, sei sofort bezahlbar, betont Hennig-Wellsow.

CDU lockt SPD und Grüne

Dem Grünen Lauinger ist anzumerken, dass seine Partei die größten Schwierigkeiten mit dem neuen Bündnis hatte. Bei den Grünen habe es eine "sehr heftige Debatte" darüber gegeben, ob sie wirklich einen Linken zum Ministerpräsidenten wählen können, sagt er. In den Koalitionsverhandlungen habe man aber das Gefühl bekommen, dass das gemeinsame Papier über die DDR als Unrechtsstaat kein Lippenbekenntnis sei: "Hätte man sich an diesem Punkt nicht verständigen können, wären Bündnis 90/Die Grünen nicht in Koalitionsgespräche gegangen."

Der Koalitionsvertrag muss noch durch Mitgliederentscheide bei Linken und Grünen sowie auf Parteitagen aller drei Koalitionspartner bestätigt werden. Das dürfte reine Formsache sein. Mit Spannung wird allerdings die Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten im Thüringen Landtag am 5. Dezember erwartet: Im Parlament in Erfurt haben Linke, SPD und Grüne nur eine Stimme Mehrheit. Darauf hofft die CDU. Deren bisheriger Fraktionschef Mike Mohring, dem Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt werden, bot SPD und Grünen schon "eine ordentliche Zusammenarbeit" an.

Quelle: ntv.de

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