Politik

Biden dominiert US-Vorwahlen Sanders' Mythos fällt in sich zusammen

Macht Bernie Sanders weiter oder steigt er aus?

Macht Bernie Sanders weiter oder steigt er aus?

(Foto: AP)

Der Richtungskampf bei den US-Demokraten ist so gut wie entschieden. Die Vorwahlergebnisse aus mehreren Bundesstaaten zeigen: Nicht der linke Sanders vertrat eine schweigende Mehrheit. Sein gemäßigter Konkurrent Biden tat es.

Als die enttäuschenden Ergebnisse aus dem so wichtigen Bundesstaat Michigan publik wurden, flog Bernie Sanders in seine Heimat Vermont. Zu seiner Niederlage bei den Vorwahlen der US-Demokraten äußerte er sich nicht. Einen Auftritt im Bundesstaat Ohio sagte er wegen des Coronavirus ab. Währenddessen ließ sich Konkurrent Joe Biden feiern und schwor seine Anhänger bereits auf die Präsidentschaftswahl im November ein, wenn er Donald Trump schlagen will.

Der gemäßigte Biden gegen den linken Sanders, dieser Zweikampf um die Kandidatur ist nach nur einer Woche und nun sechs weiteren Vorwahlen so gut wie entschieden. Biden führte schon zuvor mit Delegiertenstimmen, die im Juli den Kandidaten der Demokraten bestimmen. Nun hat er seinen Vorsprung weiter ausgebaut. Sanders hätte die Wende in Michigan und Washington schaffen müssen. In beiden Bundesstaaten scheiterte er. An den Großen Seen um Detroit verlor er trotz großen Einsatzes die Arbeiter, im progressiven Westküstenstaat liegt er in der Auszählung Kopf an Kopf mit Biden.

Joe Biden ist der wahrscheinliche Gegner von US-Präsident Donald Trump im November.

Joe Biden ist der wahrscheinliche Gegner von US-Präsident Donald Trump im November.

(Foto: REUTERS)

Was der Flügelkampf bei den Demokraten zeigt: Alles soll wieder so werden, wie es vor US-Präsident Donald Trump war. So kann man die Ergebnisse der Vorwahlen und Nachwahlbefragungen unter oppositionellen Demokraten interpretieren. Denn eben dafür steht Biden, der acht Jahre lang Vizepräsident unter Barack Obama war. Sanders' Wahlkampagne muss sich neu sortieren (auch wenn unklar ist, wie das gehen soll) oder hinschmeißen. Der Senator hatte schon in der vergangenen Woche die Schuldigen ausgemacht. Die Medien verstünden sein Wahlprogramm nicht, das Partei-Establishment wolle ihn nicht, und die jungen Wähler ließen ihn im Stich.

Belächelte "Revolution"

Die US-Medien sind keine großen Freunde von Bernie Sanders, das ist kein Geheimnis. Sie belächelten seine angekündigte "Revolution" bei seiner Bewerbungsankündigung, die liberalen Medien stuften den "demokratischen Sozialismus" als gefährlich für den Erfolg der Demokraten ein, ganz zu schweigen von der Abscheu aus dem konservativen Lager und der Neuen Rechten. Allerdings haben die großen Medienhäuser weniger Einfluss auf das Wahlverhalten als gedacht, das hat Trumps Ergebnis vor vier Jahren gezeigt.

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Als Sanders' zu Beginn der Vorwahlschlacht im Bundesstaat Nevada seiner Konkurrenz eine deutliche Niederlage zugefügt hatte, stürzte Biden in Umfragen ab und die Frage kam auf, ob Sanders noch zu stoppen sei. Doch am "Super Tuesday" war die Richtungsentscheidung bei den Demokraten deutlich. Biden fuhr unerwartet große Siege ein, besonders die Afroamerikaner hielten zu ihm. Die Ergebnisse sind nun wieder entsprechend der Meinungsforscher, was heißt: Sanders vertritt keine schweigende Mehrheit, keine Koalition fast aller Wählergruppen. Biden tat es.

Vor vier Jahren, als Sanders denkbar knapp die Kandidatur gegen Hillary Clinton verpasste, war er der Außenseiter, der verschrobene Idealist, der die Interessen der kleinen Leute vertrat. In Michigan war dies ein Hinweis auf Trumps späteren Erfolg. Die Wut auf das Establishment war groß, was die Demokraten nicht erkannt hatten. Clinton gehörte dazu, Trump nicht. Sanders' Niederlage in Michigan kostet ihn den von ihm gepflegten Mythos, der beliebtere Vertreter von Arbeiterinteressen zu sein. Das Ergebnis deutet zudem darauf hin, dass er vor vier Jahren von einer Anti-Clinton- oder allgemeinen Anti-Establishment-Stimmung profitiert hat. Seinen Außenseiterbonus hat er nicht in eine größere Wählerbasis umwandeln können.

Vor allem die älteren Wähler wollen es offenbar wie vor Trump haben. Ihre Vorwahlbeteiligung lag wesentlich höher als vor vier Jahren. Die Jüngeren im Alter von 18 bis 44 Jahren möchten zwar nicht zurück in die Vergangenheit, sondern befürworten Sanders' Pläne einer einheitlichen öffentlichen Krankenversicherung, gebührenfreien Bildung und eines grünen Wirtschaftsumbaus. Sanders hat es jedoch nicht geschafft, sie ausreichend zu mobilisieren. Er ging zudem in Mississippi unter, was belegt, dass er bei den zahlreichen afroamerikanischen Wählern gegen Biden kaum eine Chance hat.

Flackernder Lichtblick

Der einzige Lichtblick für Sanders wäre er selbst. Auch 2016 deuteten alle Umfragen überdeutlich auf eine Kandidatin Clinton hin, die auch Präsidentin würde. Beides trat nicht ein. Doch in diesem Wahlkampf gab es bislang keine großen Überraschungen. Biden führt die Umfragen sowohl landesweit, als auch in weiteren entscheidenden Bundesstaaten wie Florida mit großem Vorsprung an. In den kommenden Wochen stimmen Bundesstaaten ab, wo er beliebt ist. Sollte sich die Erkenntnis aus Michigan bestätigen - 2016 war eine Vorwahl gegen Clinton, nicht für Sanders - ist das Rennen für ihn nicht mehr zu gewinnen.

Für Sonntag ist ein Fernsehduell mit Biden geplant. Sanders' Wahlkampfteam sei überzeugt, dass er in der direkten Konfrontation aufblühen wird, hat das US-Medium "Politico" erfahren. Er werde sich die Möglichkeit nicht entgehen lassen. Sanders hatte bereits angekündigt, dass er sich nicht an einer chancenlosen Bewerbung festklammern wird. "Ich bin kein Masochist, der in einem aussichtslosen Rennen bleibt. Aber jetzt ist das ein bisschen zu früh." Das sagte er am Sonntag, zwei Tage vor sechs weiteren enttäuschenden Ergebnissen.

Der gemäßigte Flügel der Demokraten möchte zwar so schnell wie möglich den internen Parteikonflikt beilegen, um sich auf die Konfrontation mit Trump zu konzentrieren. Aber eine TV-Debatte könnte noch einmal aufzeigen, wie Biden sich behaupten kann. Zugleich könnte er Zugeständnisse an den linken Flügel machen, um die Einheit der Partei zu wahren. Und ihn für Fernsehschlachten mit Trump zu stählen.

Quelle: ntv.de

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