"Asylrecht außer Kraft gesetzt" Schröder-Köpf greift Merkel scharf an
19.05.2016, 10:27 Uhr
Auch in Niedersachsen wurde viele Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht.
(Foto: dpa)
"Durch die Hintertür ist Deutschland zu einem der größten Einwanderungsländer der Erde geworden", sagt Doris Schröder-Köpf und macht dafür vor allem die Bundeskanzlerin verantwortlich. Merkel habe das Asylrecht "faktisch außer Kraft gesetzt".
Niedersachsens Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, das Asylrecht "faktisch außer Kraft" gesetzt zu haben. Der "Welt" sagte Schröder-Köpf, jetzt räche sich, dass Deutschland noch immer kein Einwanderungsgesetz habe. "Das würde dabei helfen, klarer zwischen Asylbewerbern, Flüchtlingen und Menschen, die Chancen suchen, zu unterscheiden." Stattdessen sei Deutschland "durch die Hintertür eines der wichtigsten Einwanderungsländer der Erde" geworden.

Schröder-Köpf ist Landtagsabgeordnete und Migrationsbeauftragte in Niedersachsen.
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Bisher sei jedoch keine breite gesellschaftliche Debatte geführt worden, "wie viele Menschen wir brauchen und wie viel Zuwanderung wir dauerhaft verkraften können", so die SPD-Politikerin. Die Willkommenskultur, die Merkel nach dem Tod des kurdischen Jungen Aylan ausgerufen habe, sei nur durch gesellschaftliches Engagement möglich gewesen. "Ohne den Einsatz der Ehrenamtlichen wären Politik und Staat längst am Ende ihrer Möglichkeiten. Die Grenze der Aufnahmefähigkeit eines Landes bemisst sich nämlich nicht an einer Zahl, die irgendeine Politikerin oder ein Politiker willkürlich festsetzt. Die Grenze wird definiert durch den Einsatzwillen und die Kraft, die die Menschen aufbringen, die hier schon lange oder immer leben."
Nach den Vorfällen in der Silvesternacht hätten dann jedoch "diejenigen Oberwasser bekommen, die schon immer Vorbehalte gegen Flüchtlinge hatten". Dennoch sei die Flüchtlingskrise für Deutschland eine Art Reifeprüfung gewesen, die sowohl die staatlichen Institutionen als auch die Zivilgesellschaft bestanden hätten.
"Ehrlich machen"
Merkel habe in all dieser Zeit eine klare Linie vermissen lassen. Zunächst habe sie großzügig die Grenzen geöffnet, dann aber drastische Verschärfungen in die Wege geleitet. Schröder-Köpf betonte, sie vermisse eine überzeugende Erklärung der Kanzlerin. "Man muss sich irgendwann ehrlich machen, das muss man den Menschen erklären. So ein Wort, eine Rede fehlt dem Land, sie fehlt übrigens auch der CSU, sie fehlt allen." Wenn man einmal auf dem falschen Weg sei, sei es schwierig, wieder den richtigen zu finden.
Die SPD habe immer wieder Schritte vorgeschlagen, mit denen man die Ankunft der Flüchtlinge hätte steuern können. Wenn man beispielsweise Jordanien durch Bundeskontingente Flüchtlinge abgenommen hätte – "nicht 20.000, sondern vielleicht 300.000 im Jahr –, dann wäre die Not in den riesigen Flüchtlingslagern nicht so groß geworden". Die SPD habe sich immer für solche Kontingente starkgemacht. "Jetzt sind alle schlauer. Wichtig ist, dass alle auch daraus lernen."
Von den schlechten Umfrageergebnissen ihrer Partei dürfe man sich nicht bange machen lassen. "Wir müssen uns der Sorgen und Ängste der Menschen annehmen und uns um sie kümmern. Aber wir werden auch immer diejenige Partei sein, die Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen müssen, mit Empathie begegnen."
Quelle: ntv.de, sba