Politik

Strafverfahren gegen Türken Schweiz prüft Spionage-Verdacht

Die Universität in Zürich: Hier sollen Türken bei einer Veranstaltung mit einem türkischen Regierungskritiker  
gefilmt worden sein.

Die Universität in Zürich: Hier sollen Türken bei einer Veranstaltung mit einem türkischen Regierungskritiker gefilmt worden sein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wurden Türken in der Schweiz bespitzelt? Die schweizerische Bundesanwaltschaft sieht offenbar genug Anhaltspunkte dafür, dass die Vorwürfe stimmen könnten. Sie leitet ein Strafverfahren ein - unklar ist bisher, gegen wen sich die Ermittlungen konkret richten.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, dass Mitglieder der türkischen Gemeinde ausspioniert worden sind. "Der Bundesanwaltschaft liegt der konkrete Tatverdacht vor, dass im Umfeld der türkischen Gemeinde in der Schweiz mutmaßlich politischer Nachrichtendienst betrieben wird", erklärte die Behörde. Das Strafverfahren sei am 16. März eingeleitet worden, nachdem die Regierung grünes Licht gegeben habe, hieß es weiter. Gegen wen sich die Untersuchung richtet, teilte die Behörde nicht mit, es liegt jedoch nahe, dass es sich hierbei die Türkei handelt.

Außenminister Didier Burkhalter hatte am Vortag bei einem Besuch seines türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu die Bedeutung der freien Meinungsäußerung hervorgehoben. Burkhalter sagte bei dem Gespräch in Bern auch, dass die Schweiz Hinweisen auf verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeiten konsequent nachgehen werde.

Der Besuch Cavusoglus fand vor dem Hintergrund eines wochenlangen Streits zwischen Ankara und mehreren europäischen Staaten um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker statt. Auch in der Schweiz waren mehrere Auftritte türkischer Politiker kurzfristig gestrichen worden.

Türken angeblich an Uni bespitzelt

Schweizer Medien hatten zuvor berichtet, es bestehe der Verdacht von Spionageaktivitäten gegen Türken in der Schweiz, die der Regierung in Ankara kritisch gegenüberstehen. Sie sollen demnach an der Universität Zürich ausspioniert worden seien.

Den Berichten zufolge fotografierten zwei Männer systematisch Teilnehmer eines Seminars zum Völkermord an den Armeniern - eine Bezeichnung, welche Ankara vehement zurückweist. Der Rektor der Universität hatte Maßnahmen angekündigt, um solche Bespitzelungen zu unterbinden.

Klage gegen zwei türkische Organisationen

Mitte März reichte Josef Dittli, Mitglied des Unterhauses im Schweizer Parlament, Klage gegen zwei türkische Organisationen ein, welche türkische Bürger in der Schweiz und solche mit doppelter Staatsangehörigkeit ausspioniert haben sollen. Dabei handelt es sich der Nachrichtenagentur SDA zufolge um die Türkisch-Islamische Stiftung für die Schweiz (Tiss) und die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Diplomatische türkische Institutionen könnten demnach auch involviert sein.

Die UETD steht der türkischen Regierungspartei AKP nahe. In den vergangenen Wochen hatte die UETD Wahlkampfveranstaltungen in verschiedenen europäischen Ländern organisiert und für Zustimmung zu dem Referendum geworben, bei dem am 16. April über die von der türkischen Regierung geplante Verfassungsreform abgestimmt wird. Ziel ist eine massive Ausweitung der Befugnisse von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Schweizer Grünen veröffentlichten einen Brief, der nach ihren Angaben von der türkischen Botschaft in Bern nach Ankara geschickt wurde. Darin würden mehrere Veranstalter bezichtigt, Aktivitäten zur Unterstützung des Predigers Fethullah Gülen zu fördern. Gülen lebt in den USA und wird von der türkischen Regierung beschuldigt, hinter dem Putschversuch im vergangenen Sommer zu stecken.

Auch in Deutschland gibt es derzeit Vorwürfe der Spionage gegen Türken. Mehreren Imamen der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) wird vorgeworfen, im Auftrag der türkischen Regierung in Deutschland mutmaßliche Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan ausspioniert zu haben.

Quelle: ntv.de, hul/rts/AFP/dpa

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