Sondergipfel in Brüssel Siebener-Runde sucht Ausweg für Athen
20.03.2015, 02:39 Uhr
Merkel und Tsipras sitzen sich gegenüber: Die Sitzordnung am Tisch der Siebener-Runde in Brüssel.
(Foto: picture alliance / dpa)
Spitzenpolitiker aus Deutschland, Frankreich und der EU setzen sich mit Athens Regierungschef Tsipras zusammen, um eine Lösung für Griechenland zu finden. Eine einfache Antwort gibt es offenbar nicht. Das Treffen endet erst tief in der Nacht.
Der Krisengipfel zur Finanznot Griechenlands endet ohne konkrete Ergebnisse: Nach mehr als dreistündigen Verhandlungen am Rande des EU-Gipfels in Brüssel haben sich die Teilnehmer der Sonderverhandlungen kurz nach 2.00 Uhr früh in eine kurze Nachtruhe verabschiedet.
Der kurzfristig angesetzte Siebener-Gipfel zur griechischen Schuldenkrise hatte erst am späten Donnerstagabend gegen 23.00 Uhr begonnen. Auf Bitte von Athens Ministerpräsident Alexis Tsipras setzten sich Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande und die Spitzen von EU-Kommission, Rat und Europäischer Zentralbank (EZB) an einen Tisch, um die Blockade in den Verhandlungen zu lösen. Mit dabei war auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem.
Im Ringen um weitere Finanzhilfen für das vor dem Staatsbankrott stehende Euroland sei es immerhin zu Annäherungen gekommen, verlautete am frühen Freitagmorgen aus Delegationskreisen. Die Beteiligten kündigten eine gemeinsame Erklärung an. Angesichts früherer Treffen zwischen den europäischen Partner mit Vertretern der griechischen Regierung nahmen Beobachter dies als gutes Zeichen auf. Zu einem Eklat kam es demnach offenbar nicht.
Das Geld reicht bis April
Der Streit der vergangenen Wochen sei nicht hilfreich gewesen, hieß es aus Brüssel. Es bleibe aber dabei, dass weitere Milliardenhilfen nicht ohne die Erfüllung vereinbarter Vorbedingungen fließen werden. Nach Einschätzung von Experten dürfte das Geld der Athener Staatskasse bis Anfang April ausreichen. Beobachter hatten in den vergangenen Tagen spekuliert, Griechenland könne womöglich die an diesem Freitag anstehenden Zahlungen schon nicht mehr bedienen.
Etwaige Hoffnungen auf einen großen Durchbruch hatte Merkel bereits Stunden vor Beginn des Sondertreffens gedämpft. Konkrete Entscheidungen - wie etwa die Freigabe weiterer Notkredite - könnten ihren Worten zufolge nur von den Euro-Finanzministern getroffen werden. In Diplomatenkreisen wurde aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Siebener-Gruppe auf ein politisches Signal einigen würde, die Suche nach einem Ausweg zu intensivieren.
Hintergrund des Sondergipfels ist die akute Finanznot Athens und der damit drohende Ausstieg aus dem Euro. Sollte die Regierung in Athen ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, würde das Land in eine unkontrollierte Staatspleite rutschen, lautete die Befürchtung. Seit Wochen kursieren Spekulationen um die Gefahren eines sogenannten "Graccident" - also eines ungeplanten Ausstiegs Griechenlands aus der Eurozone.
Griechenland sieht "rote Karten"
Tsipras hatte beim EU-Gipfel vor dem Sondertreffen schwere Vorwürfe gegen die Gläubiger-Troika erhoben. Seine Kollegen würden anerkennen, dass es in seinem Land eine "humanitäre Krise" gebe, sagte er nach griechischen Angaben vor der versammelten Gipfelrunde. Doch wenn seine Regierung dagegen vorgehe, wie mit dem zuletzt verabschiedeten Gesetz gegen die Armut, zückten die Funktionäre der sogenannten Institutionen (EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds, IWF) die "rote Karte".
"Dieser Widerspruch muss aufgehoben werden, denn er verhindert Fortschritte", betonte Tsipras. Griechenlands Geldgeber sehen die Entwicklung aus einem ganz anderen Blickwinkel.
Für Verärgerung sorgte hier vor allem, dass die neu gewählte Regierung in ihren ersten größeren Weichenstellung zunächst weitere Ausgaben beschließt, anstatt die versprochenen Maßnahmen zur Erhöhung der Steuerehrlichkeit, die niedrige Abgabenlast wohlhabender Griechen und andere eklatante Missstände anzugehen. Dass die Vertreter von IWF, EZB und EU hier Bedenken anmelden, ist eigentlich nur Teil ihres Auftrags.
Geschenke für erboste Wähler?
Die Regierung Tsipras denke offenbar wie ihre Vorgängerregierungen offenbar nur ans Verteilen, heißt es aus den Reihen der Geldgeber. Vor einem solchen Hintergrund wären weitere Hilfen für Athen mehr als nur fahrlässig. Tsipras und seine Regierungsmannschaft haben sich wiederholt für einen Schuldenschnitt ausgesprochen - ohne bislang ernsthafte Absichten zur Verbesserung der Finanzlage im griechischen Staatshaushalt zu beweisen.
Athen hatte sich Ende Februar mit der Eurogruppe auf die Verlängerung des Rettungspaketes geeinigt. Notkredite daraus sollen aber erst ausgezahlt werden, wenn Tsipras Regierung einen belastbaren Reform- und Sparplan vorlegt.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP