"Wenn Megakrise droht wie jetzt" Söder stellt die Schuldenbremse infrage
21.09.2022, 15:44 Uhr
"Aus meiner Sicht geht dann am Ende die Hilfe für Land, Leute und Wirtschaft vor Prinzipienreiterei", sagte der CSU-Parteivorsitzende.
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Gaspreisdeckel, Spritpreisdeckel und ein breiter Rettungsschirm: All das fehlt nach Ansicht des CSU-Vorsitzenden im Management der Bundesregierung, wenn es um die Energiekrise geht. Plötzlich zweifelt Söder auch am Sinn der Schuldenbremse, die er als "Prinzipienreiterei" diskreditiert.
Ministerpräsident Markus Söder hat die Einhaltung der Schuldenbremse auf Bundesebene infrage gestellt. "Wir sind sehr für vernünftige Finanzen. Aber wenn eine Megakrise droht wie jetzt, dann muss am Ende Abwägung stattfinden, eine Abwägung zwischen Ordnungsrecht und eine Abwägung zwischen Hilfe", sagte Söder nach einer Klausurtagung seiner CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz bei Bad Staffelstein. "Aus meiner Sicht geht dann am Ende die Hilfe für Land, Leute und Wirtschaft vor Prinzipienreiterei", sagte der CSU-Parteivorsitzende.
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kredite ausgleichen müssen. Vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine FDP pochen auf eine strikte Einhaltung der wegen Corona im Bund drei Jahre lang ausgesetzten Regel ab 2023.
Söder sagte: "Ich bin für die Schuldenbremse, ich bin auch für die Einhaltung der Schuldenbremse." Er fügte an: "Aber wenn es zu einer fantastisch großen, schlimmen Krise kommt? Einer Dimension, die über das hinausgeht, was wir denken? Dann kann doch Prinzipienreiterei nicht die Lösung für ein Land sein."
Bayern will gegen Länderfinanzausgleich klagen
Weiter sagte er: "Wir brauchen einen Gaspreisdeckel, wir brauchen einen Spritdeckel. In anderen Ländern klappt es, warum nicht in Deutschland?" Ferner brauche es einen breit angelegten Rettungsschirm. Den müsse es auch für Stadtwerke, Krankenhäuser und andere Einrichtungen geben. "Es darf nichts kaputtgehen", sagte Söder. Die in Berlin bisher vorgelegten Vorschläge bezeichnete er als nicht ausreichend. Sie würden gegenwärtig nicht von den Bundesländern mitgetragen. Er gehe davon aus, dass es einen Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern brauchen werde.
Zudem drohte Bayern mit einer neuen Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Dass sein Bundesland 60 Prozent des Finanzausgleichs und damit neun Milliarden Euro zahlen müsse, sei nicht hinzunehmen, sagte Söder am Rande einer Klausurtagung. "Wir können das nicht akzeptieren", sagte Söder. Deshalb werde erneut ein Klageverfahren geprüft - "in den nächsten Monaten" solle es eine Entscheidung geben.
Schon 2013 hatte Bayern - damals zusammen mit Hessen - eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich auf den Weg gebracht. 2017 zogen die beiden Länder nach Verhandlungen die Klage wieder zurück. Söder sagte, ohne die damalige Einigung müsste Bayern wohl zehn Milliarden Euro zahlen und damit noch mehr.
Doch der jetzige Betrag sei dennoch nicht mehr hinnehmbar. "Das ist aus meiner Sicht ein Anschlag auf den Föderalismus", sagte Söder. Es handle sich auch nicht um ein Wahlkampfmanöver ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern. Auch die anderen Geberländer würden allmählich anfangen, über das System nachzudenken.
Quelle: ntv.de, lve/dpa/AFP