Politik

Durch die Grünen geht ein Riss Spitzenpolitiker kritisieren Asyl-Kompromiss

Die Länderkammer stimmte mit der Stimme der baden-württembergischen Grünen der Neuregelung im Asylrecht zu.

Die Länderkammer stimmte mit der Stimme der baden-württembergischen Grünen der Neuregelung im Asylrecht zu.

(Foto: dpa)

Die überraschende Zustimmung Baden-Württembergs zum Berliner Asylkompromiss kommt bei der Grünenspitze gar nicht gut an. Von einem Alleingang ist dort die Rede und von verpassten Chancen. Der Krach offenbart den Riss durch die Partei.

Spitzenpolitiker der Grünen haben den unter Mitwirkung des Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann getroffenen Bundesratsbeschluss zum Asylrecht scharf kritisiert. "Ich halte die Entscheidung des Bundesrates für falsch. Ich bedauere sie auch", sagte die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, nach der Zustimmung Baden-Württembergs zu dem Gesetz. Göring-Eckardt betonte aber: "Ich respektiere allerdings, dass einzelnen Bundesländer zu einer anderen Auffassung kommen als ich oder wir."

Sie forderte einen nationalen Flüchtlingsgipfel, um die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen zu organisieren. Es müsse auch dafür gesorgt werden, dass Flüchtlinge von Anfang an Zugang zu Sprachkursen und Arbeit hätten.

Auch die Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter distanzierte sich von Kretschmann. Die Einstufung von Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten helfe weder den Flüchtlingen noch den Kommunen, sondern beschneide das Grundrecht auf Asyl.

Jeder entscheidet anders

Kretschmann verteidigte unterdessen seine Zustimmung zur Asylrechtsreform. Es sei ein guter Kompromiss erzielt worden, sagte er in der ARD. "Wir haben viel erreicht für die Flüchtlinge." Er betonte, dass die Residenzpflicht falle. Somit könnten sich Flüchtlinge in der ganzen Republik bewegen. Und auch bei der Einstufung von Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten bleibe das Recht auf individuelle Asylrechtsverfahren gewährleistet. Zur Kritik aus der eigenen Partei sagte er: "Ob das Glas halb voll oder halb leer ist, das entscheidet jeder anders." Er habe Respekt vor denen, die die Dinge anders sähen als er.

Für den 13. Oktober lud Kretschmann zu einem Flüchtlingsgipfel nach Baden-Württemberg. Das teilte der Vizechef seiner Landtagsfraktion, Uli Sckerl, mit. Kretschmann wolle Kommunen, Kirchen und Hilfsorganisationen im Land erstmals an einen Tisch holen, um die Probleme bei der Aufnahme Zehntausender Asylbewerber in den Griff zu bekommen. Für die Zukunft baue man auf ein System mit vier Erstaufnahmestellen im Land, die aber erst 2016 zur Verfügung stünden, sagte Sckerl. Der Gipfel müsse auch klären, wie man die Zeit bis dahin überbrücke.

Der Krach rührt an den Grundfesten der Grünen. Neben dem Ausstieg aus der Atomenergie war auch die Flüchtlingspolitik immer ein Pfeiler grünen Selbstverständnisses. Beide Seiten warben in offenen Briefen an die Mitglieder. Der Streit ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Grünen auch ein Jahr nach der verlorenen Bundestagswahl noch nicht gefangen haben. Immer noch ringen sie darum, ob sie sich stärker zur politischen Mitte bewegen sollen und damit auch attraktiver für die Union werden. Oder ob sie eine linke Mehrheit anstreben sollen - auch unter Einschluss der Linkspartei. Beide Parteivorsitzende stehen für diese Tendenzen.

Während Simone Peter vor einem Zusammengehen mit der Union warnt, will Cem Özdemir die Grünen für CDU und CSU öffnen.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa

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