Politik

Das sagt die deutsche Presse Steigt Horrorclown Trump die Macht zu Kopf?

Der Sieger: Donald Trump.

Der Sieger: Donald Trump.

(Foto: REUTERS)

Durchhalten und weitermachen: Die deutsche Presse gibt sich weitgehend kämpferisch und will von Weltuntergangs-Szenarien durch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten nichts wissen. Im Gegenteil versuchen viele Medien das Phänomen zu erklären.

Die Zeit: "Wem die Macht zu Kopf steigt, der ist bislang noch immer an der Gewaltenteilung gescheitert. Auch der Horrorclown Trump? Womöglich ist er doch geschmeidiger, als er tönt. Womöglich gibt er doch nicht den Samson im Tempel. Es bleibt der Welt nichts anderes übrig, als fest daran zu glauben, dass die amerikanische Verfassung auch diese Krise übersteht. Sie hat den Bürgerkrieg überlebt, in dem Amerika mehr Menschen verloren hat als in allen anderen Kriegen zusammen. Noch nie mussten sich Amerika und die Welt so sehr an die Formel klammern, die jede Präsidentenrede beendet: God bless America."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Trump hat zu außenpolitischen Fragen viel Wirres und Widersprüchliches von sich gegeben, das jedoch einen gemeinsamen Nenner aufwies: die Rückbesinnung Amerikas auf sich selbst und den Rückzug aus den komplizierten Agenden der Weltpolitik, ob die Sicherheit, das Klima oder den Freihandel betreffend. In Amerika brachte ihm dieser Neoisolationismus (...) den Zuspruch der wachsenden Schicht ein, die sich als Verlierer der Globalisierung sieht. Sie wird von der Sehnsucht nach einer guten alten Zeit getrieben und vom Hass auf jene, die für deren Untergang verantwortlich gemacht werden."

Frankfurter Rundschau: "Der Wahlsieg des Republikaners Donald Trump bedeutet das Ende der westlichen Weltordnung, wie wir sie kennen. Der Trumpismus bedroht die westlichen Demokratien. Jetzt muss Widerstand sein, bevor es zu spät ist. Der Anführer der nationalkonservativen Bewegung will mit seiner Revolution als Präsident innenpolitisch wie außenpolitisch kaum einen Stein auf dem anderen lassen. Die fortschrittlichen Kräfte in Europa können nur ein Gegengewicht zu Trumps USA werden, wenn sie endlich eine Politik beenden, die viel zu viele Menschen sich selbst überlässt."

Handelsblatt: "Das war keine Niederlage, das war eine Demütigung. Nicht nur für Hillary Clinton, sondern für das gesamte Establishment des westlichen Politikbetriebes. Der Triumph von Trump markiert den vorläufigen Höhepunkt eines Weltbebens, dessen Epizentrum vom Kontinentaleuropa der Populisten Le Pen, Wilders und Haider über die Brexit-Befürworter der britischen Insel nach Amerika gewandert ist, von wo die Schockwellen nun nach Paris, Berlin und Brüssel zurückwirken. (...) Donald Trump besitzt ein pralles Ego, aber das war es nicht. Die politische Energie, die ihn nach oben spülte, hat sich weit außerhalb seiner Persönlichkeit aufgebaut. Sie kommt aus den Tiefen des Volkes. Man kann sogar sagen, das nicht er das Volk verführte, sondern das Volk sich vielmehr seiner bemächtigte. Er ist das Wirtstier, das die Botenstoffe des Aufstandes ins Zentrum der westlichen Macht transportierte."

Aachener Nachrichten: "Schock, Fassungslosigkeit, Ekel und Wut sind kaum die richtige Reaktion auf diese Wahl. Sie sind zwar bequem, weil sie unser aufgeklärtes Denken dokumentieren - und zwar für uns selbst. Sie sind aber keine Argumente, mit denen sich Trump-Anhänger umstimmen ließen. Wir sollten also von unserem hohen moralischen Ross heruntersteigen und uns eine schlauere Reaktion überlegen. (...) Das Phänomen Trump war nämlich nie nur ein amerikanisches. Populismus, Nationalismus und Rassismus sind auch in der Alten Welt auf dem Vormarsch. Und auch wenn es in Deutschland (zum Glück) noch keine starken Männer oder Frauen wie Jaroslaw Kaczynski, Victor Orban, Nigel Farage oder Marine Le Pen gibt, so bieten AfD und Pegida doch mit dem gleichen rechtspopulistischen Getöse ein Sammelbecken für eine beängstigend schnell wachsende Zahl an Menschen. Wir sollten nicht glauben, dass einer wie Trump in Deutschland nicht gewählt werden würde."

Heilbronner Stimme: "Genau wie beim Nein Großbritanniens zur EU wenden sich auch in den USA vor allem ländliche Regionen vom sogenannten Establishment ab. Bei der rasenden Globalisierung fühlen sich viele Menschen abgehängt - die Zentren pulsieren, kleine Regionen sehen sich auf dem Abstellgleis. Das lässt sich nicht nur in den USA beobachten, sondern in vielen Teilen Europas, ja auch in Deutschland. Dennoch gilt: Die Welt wird nicht untergehen - auch wenn ihre Zukunft mit Trump ein Stück weit unkalkulierbarer wird."

Braunschweiger Zeitung: "Trump scheint erkannt zu haben: Er muss zuallererst seine eigene Wahlkampfrhetorik einfangen. Er will nun Präsident aller Amerikaner sein - seine erste Rede nach der Wahl hätte, nach dem Motto "Versöhnen statt spalten", von Johannes Rau stammen können. Trumps Schwarzweißmalerei setzt ja auch nicht die Gesetze der globalen Ökonomie außer Kraft. Mit ihm dürfte es keine Freihandelsabkommen geben, die Europa akzeptieren könnte. Aber Trumps Amerika wird auch nicht den internationalen Verkehr von Waren und Dienstleistungen einstellen."

Freie Presse Chemnitz: "In welchem Umfang das Washingtoner Ergebnis auf den Ausgang dieser Wahl Einfluss hat, das hängt zum einen davon ab, was Trump nach seiner Wahlkampf-Show tatsächlich tut. Natürlich wird er die Lautstärke senken. Dass er im Amt aber ein ganz anderer wird, ist nur schwer vorstellbar. Viel mehr noch kommt es aber darauf an, wie beweglich und lebendig sich die Demokratie hierzulande zeigt. Eine Krise kann die Spannung so erhöhen, dass ein starres, beharrendes System bricht. So wie 1989. Ein System, das flexibel bleibt - und bislang zeichnete das die westlichen Demokratien aus -, reagiert auf neue Ansprüche, kann am Ende sogar gewinnen. In diesem Sinne ist eine Krise nur Anstoß, sich zu entwickeln. Das wäre die beste Antwort auf Trump."

Donaukurier: "Mit Donald Trump ist nun das Sprachrohr der Fortschrittsverlierer an die zentrale Schaltstelle der Macht gekommen. Das ist das Ergebnis einer (trotz des erbärmlichen Wahlkampfs) demokratischen Wahl und nicht der Weltuntergang. Es wird nun spannend sein zu sehen, welche Antworten Donald Trump seinen Wählern geben kann. Und man muss hoffen, dass das demokratische System der USA stark genug ist, dem bekennenden Egomanen seine Grenzen aufzuzeigen."

Trierischer Volksfreund: "Der Arroganz der Macht haben die Amerikaner die rote Karte gezeigt und sich lieber auf das Abenteuer Trump eingelassen. Der hat zwar von Politik keine Ahnung, aber welchen Unsinn er auch erzählt hat, er war immer das, was man mit authentisch beschreibt. Da stand einer auf der Bühne, der sagte, was er dachte, und er sagte auch, was er tun wollte und was nicht. Da war nichts Gestelztes, da wussten die Leute, woran sie waren. Da redete einer, wie ihm der Schnabel gewachsen war, Peinlichkeiten, Unverschämtheiten und üble Aussetzer inklusive. Und Trump präsentierte vor allem eins: scheinbar einfache Lösungen für sehr schwierige und vielschichtige Sachverhalte."

Wetzlarer Neue Zeitung: "In jedem Fall kann Europa nicht mehr darauf bauen, dass die USA für die Sicherheit ihrer bisherigen Verbündeten einstehen. Europa müsste also Geschlossenheit zeigen. Doch es hat ein Problem: Orban & Co. - Herrscher im Osten, die Trump ähnlich sind. Dazu kommt: Die Briten wollen aus der EU, die Franzosen spülen eine Rechtsradikale nach oben - und wer weiß, was die Deutschen 2017 tun. Ob auch sie an den starken Mann glauben, der redlicher ist als alle anderen? Die US-Wahl hat gezeigt, dass selbst eine florierende Wirtschaft und Millionen neuer Jobs keinen Wahlerfolg mehr garantieren. Das muss Europas Politiker alarmieren."

Pforzheimer Zeitung: "Hillary Clinton geht als größte Enttäuschung in die US-Wahlkampfgeschichte ein. Sie ist das Gesicht des verheerendsten Wahldesasters, das das linksliberale Establishment in den USA jemals erlebt hat. Ihr mangelndes Charisma, ihre angekratzte Glaubwürdigkeit, ihre wenigen politischen Erfolge und Inhalte und nicht zuletzt ihre blasierte Überheblichkeit wurden ihr zum Verhängnis. Um es flapsig zu sagen: Clinton und die Demokraten haben es verbockt. Übrigens auch deshalb, weil sie Trump, der den Sorgen und Nöten vieler Amerikaner eine Stimme verlieh, zu lange unterschätzt haben. Folgerichtig zieht der Milliardär Donald Trump mit seinem besorgniserregenden Weltbild ein ins Weiße Haus. In weltumspannende Depressionen muss man trotzdem nicht verfallen. Denn Trump wird nichts tun, was ihm und seinem Milliarden-Imperium schaden wird."

Quelle: ntv.de, tno/dpa

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