Scharfe Kritik Steinmeier droht der Türkei indirekt
04.11.2016, 15:35 Uhr
Klare Ansage an Ankara.
(Foto: dpa)
Die Bundesregierung verurteilt das Vorgehen der türkischen Machthaber gegen Opposition und Medien scharf. Außenminister Steinmeier bringt einen etwaigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen ins Gespräch.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat das harte Vorgehen in der Türkei gegen Opposition und Medien verurteilt und indirekt mit einem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen gedroht. "Es ist jetzt an den Verantwortlichen in der Türkei, sich darüber klar zu werden, welchen Weg ihr Land gehen will und was das bedeutet für die Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit seinem britischen Kollegen Boris Johnson in Berlin.
Diese Botschaft werde auch dem Geschäftsträger der Türkei bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt übermittelt, berichtete Steinmeier. Er habe sich zwar immer dafür eingesetzt, "der Türkei den Weg nach Europa zu ebnen" - auch in schwierigen Zeiten. Anschläge wie in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir dürften aber keine "Rechtfertigung dafür sein, die politische Opposition zum Schweigen oder gar hinter Gitter zu bringen", sagte der deutsche Chefdiplomat weiter.
"Tief verwurzelte Beziehungen"
Bei dem Autobombenanschlag auf das Polizeihauptquartier in Diyarbakir waren nach offiziellen Angaben mindestens acht Menschen getötet worden, mehr als hundert weitere wurden verletzt. Die türkische Regierung machte die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) für den Anschlag verantwortlich. Die Explosion in der Kurdenmetropole hatte sich wenige Stunden nach der Festnahme der Chefs der prokurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag, sowie mehrerer HDP-Abgeordneter ereignet.
Steinmeier sagte, niemand könne das Recht der Türkei in Frage stellen, "der Bedrohung durch Terrorismus zu begegnen, auch entschlossen zu begegnen". Selbstverständlich müsse auch der blutige Putschversuch Mitte Juli "aufgeklärt und aufgearbeitet werden". Gerade wegen der "jahrhundertealten tief verwurzelten Beziehungen" zwischen Deutschland und der Türkei und den freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Menschen beider Länder sei es jetzt aber "falsch zu schweigen".
In der Nato will Steinmeier die Türkei trotz der autoritären Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan halten. "Wir können darüber nicht vergessen, dass die Türkei ein wesentlicher Akteur bei allen Konflikten im Mittleren Osten ist." Ohne das Land gebe es keine Beruhigung der zahlreichen Konfliktherde. "Wir brauchen die Türkei", legte Steinmeier nach.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/DJ