
Donald Trump ist außer sich vor Wut.
(Foto: AP)
Trump wirft den US-Geheimdiensten vor, ein kompromittierendes Dossier über ihn in Umlauf gebracht zu haben. Dabei liegen viele Details über den Weg des Papiers in die Öffentlichkeit noch im Dunkeln.
Der Frieden währte nur kurz. Donald Trumps zwischenzeitlichem Waffenstillstand mit den Geheimdiensten seines Landes folgt ein heftiges Zerwürfnis. Beobachter hatten angenommen, Trump werde sich bis zu seiner Inauguration zurückhalten. Danach werde er neue Leute an die Spitze der "politisierten" Dienste setzen, sie verschlanken und umfassende Untersuchungen anordnen, hatte der Republikaner verkündet. Ein Treffen mit den Chefs der Dienste Ende vergangener Woche verlief relativ geräuschlos. Doch nach den neuesten vermeintlichen Enthüllungen kann Trump offenbar nicht anders als erneut zu sticheln.
Der Anlass ist ein vermeintliches Geheimdienstpapier, das am Tag der ersten Pressekonferenz Trumps seit Monaten an die Medien gelangt ist. Darin werden angebliche Erkenntnisse über Trumps Geschäftsgebaren und, besonders peinlich, Berichte über vermeintliche Sex-Eskapaden in Russland breitgetreten. Der designierte Präsident ist auf Hundertachtzig und bestreitet den Inhalt. Sollte das Dossier von den Geheimdiensten an die Öffentlichkeit befördert worden sein, was er laut einer seiner Twitter-Nachrichten offenbar glaubt, wäre dies ein "gewaltiger Schandfleck". Er fühle sich an "Nazi-Deutschland" erinnert, zuvor hatte er von einer "Hexenjagd" auf ihn gesprochen und kündigte Konsequenzen an. Künftig würden "ein paar herausragende Leute" die Geheimdienste führen.
Zurzeit ist einer dieser Leute noch James Clapper, US-Geheimdienstdirektor des amtierenden Präsidenten Barack Obama. Er beeilte sich noch am Mittwochabend seine "tiefe Bestürzung" über die Berichte zu überbringen. Nach dem Gespräch sagte er, er sei sich mit Trump einig, die Berichte seien "äußerst zerstörend und schädlich für unsere nationale Sicherheit". Noch wolle er sich nicht festlegen, ob die Informationen aus dem Dossier verlässlich seien. Clapper beharrte darauf, dass die Dokumente nicht von den US-Diensten stammten und er "nicht glaube, dass die Veröffentlichungen aus dem Innern der Geheimdienste kamen".
Tatsächlich ist noch zu viel unklar, um eine klare Verantwortung für die Publikation des Dossiers zu benennen. Der US-Sender CNN berichtete, das FBI habe das 35-seitige Konvolut im Dezember erhalten. Der republikanische Senator und frühere US-Präsidentschaftskandidat John McCain habe es dem Dienst übergeben. Offensichtlich stammt es aus der Feder des ehemaligen MI6-Agenten Christopher Steele, der in London die private Sicherheitsfirma Orbis Business Intelligence führt. Er soll laut Reuters während des US-Vorwahlkampfs von der Washingtoner Politikberatung Fusion GPS beauftragt worden sein, Informationen über Trump zu sammeln.
"Irrationale und hysterische Feindseligkeit"
Der Auftrag bei Fusion GPS stammte angeblich ursprünglich aus dem Umfeld eines republikanischen Kontrahenten Trumps. Ein unbekannter wohlhabender Spender, der Trump ablehnt, habe das Geld dafür aufgebracht, berichtet die "New York Times". Später, nach den entschiedenen Vorwahlen, habe Fusion GPS die Arbeit im Auftrag von Geldgebern aus dem Umfeld der Demokraten fortgesetzt. Da der Wahlkampf mit immer härteren Bandagen geführt wurde, sei Steele von Fusion GPS engagiert worden.
Später sei das Papier dann an Vertreter der Demokraten und die Medien weitergereicht worden. Von wem und an wen genau? Das ist unklar. Die "New York Times" schreibt, Steele und Fusion GPS hätten ihre Erkenntnisse für zu wichtig gehalten, um sie einfach für sich zu behalten. Möglicherweise, so die Agentur Reuters, habe Steele im Kontakt mit dem FBI gestanden, habe aber wegen der zurückhaltenden Reaktionen des Dienstes frustriert den Kontakt beendet. Schließlich habe auch McCain von dem Papier Wind bekommen, es beschafft und schließlich an FBI-Chef James Comey weitergegeben. Es sind Informationshappen ohne klaren Zusammenhang, die viel Raum für Spekulationen und Vermutungen lassen.
Die Fehde zwischen dem künftigen US-Präsidenten und den Geheimdiensten ist derweil kaum mehr zu stoppen. Unter Geheimdienstleuten herrscht Empörung über die Attacken Trumps. Der "Guardian" zitiert nicht namentlich genannte ehemalige Vertreter, die über die "offene, irrationale und hysterische Feindseligkeit" Trumps bestürzt sind. Die Stimmung sei zwar schlecht, jedoch noch fern von Panik. "Keiner trägt sich mit dem Gedanken, auszusteigen oder sich aus dem siebten Stockwerk zu stürzen", heißt es. Ex-CIA-Mitarbeiter Glenn Carle sagte dagegen, Kündigungen seien eine vernünftige Reaktion auf Trump, für den "Wahrheit irrelevant" sei.
Doch fernab von persönlichen Befindlichkeiten sehen viele in Trumps Frontalkurs gegen die Geheimdienste ein Problem. Ron Wyden, demokratisches Mitglied des Geheimdienstausschusses des Senats, verweist darauf, dass Trump als Präsident Entscheidungen der nationalen Sicherheit, über Krieg und Frieden auf Basis der Arbeit der Geheimdienste treffen muss. "Eine Situation, in der der Präsident die Geheimdienste ablehnt oder, noch schlimmer, sie des Verrats bezichtigt, ist hochgradig gefährlich", sagte er dem "Guardian".
Quelle: ntv.de