Santorum geht, Obama greift an Der Kreuzritter wirft hin
10.04.2012, 23:32 Uhr
Auf dem Weg nach draußen: Rick Santorum hat seine Präsidentschaftskampagne beendet.
(Foto: dpa)
Das Ende war abzusehen, doch so früh hatte kaum jemand damit gerechnet: Santorum beendet seine Kampagne und macht damit den Weg für Romney frei. Der aber kann sich nicht ausruhen: Der Präsident greift bereits seinen wahrscheinlichsten Herausforderer an.
Eine Entscheidung "am Küchentisch" sei es gewesen, Zusammen mit seiner Frau Karen habe Rick Santorum am Osterwochenende "gebetet und nachgedacht" - wohl nicht nur über seine politische Zukunft, sondern auch die schwer kranke Tochter Isabella, die gerade wieder im Krankenhaus lag. Die Entscheidung gab er dann in seiner Heimat Pennsylvania bekannt. "Das Rennen um die Präsidentschaft ist für mich vorbei."
Ausgerechnet in Pennsylvania. Am 24. April hätte er hier noch einmal einen Vorwahl-Sieg einfahren können. Zwölf Jahre lang vertrat Santorum den Staat als Senator in Washington D.C., bis er 2006 eine herbe Wahlniederlage einstecken musste. Vielleicht hat er sich auch daran erinnert, schließlich lag Hauptrivale Mitt Romney in aktuellen Umfragen bereits vor ihm. Vielleicht war das plötzliche Ende auch eine Art Notbremse für eine Kampagne, die ohnehin kaum noch Aussicht auf Erfolg hatte. Vielleicht war Santorum auch einfach nur müde vom Hinterherlaufen.
Der Pullunder-Mann geht
In seiner Abschiedsrede feierte sich der "Mann mit dem Pullunder" noch einmal selbst, umringt von seiner Familie. "Wir haben 11 Staaten gewonnen", so Santorum, "und mehr Gemeinden als alle anderen Kandidaten zusammen." Tatsächlich ist Santorum zumindest in der Fläche bisher der Sieger gewesen, nur dass er mit seiner erzkonservativen Botschaft aus biblischen Moralvorstellungen und persönlicher Freiheit vor allem in ländlichen, wenig bevölkerten Gebieten erfolgreich war. Lediglich im Süden konnte er Romney überall Paroli bieten - hier, wo seine Worte wie die Sonntagspredigt eines radikal-evangelikalen Pastors verstanden wurden: als Angriffe gegen Homosexualität, gegen Abtreibung, gegen staatliche Einmischung, vor allem aber gegen Obama.

Der Pullunder war Santorums Markenzeichen und sogar in seinem Fanshop erhältlich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Doch gegen Romneys Wahlkampfmaschine hatte Santorum keine Chance. Immer wieder gab der Multimillionär ein Vielfaches mehr für Werbung aus. Rund 74 Millionen US-Dollar hat er bis zum heutigen Tag eingenommen, Santorum dagegen nur rund 15 Millionen. Und wenn Romney nicht zahlen wollte, sprang sein finanzkräftiger Super PAC "Restore our Future" ein. Der Lawine von oft negativer Werbung hatte Santorum meist nur Nadelstiche entgegenzusetzen.
Effektiver Anti-Romney
Trotzdem gelang es ihm, Romneys größte Schwäche zu entblößen: Konservative Wähler tun sich sehr schwer damit, den ehemaligen Gouverneur aus Massachusetts zu akzeptieren, nicht zuletzt, weil dessen eigene Gesundheitsreform später Obama als Vorlage diente. Immer wieder nutzte Santorum das aus, stellte Romney als "keinen echten Konservativen" dar. Nun wird Romney zeigen müssen, ob er die Santorum-Fans für sich gewinnen kann - so wie 2008 Obama nach einem ähnlich harten Kampf die Unterstützer von Hillary Clinton auf seine Seite zog.
Ausgerechnet Romney war dann auch der Erste, der sich zu Wort meldete. "Senator Santorum ist ein fähiger und ebenbürtiger Gegner, und ich beglückwünsche ihn zu seiner Kampagne", twitterte der Mann, dem nun nur noch Newt Gingrich im Weg steht. Auch der äußerte sich kurz darauf wohlwollend. "Rick hat eine beeindruckende Kampagne geführt", so Gingrich auf seiner Webseite, ein Beweis für die "Kraft konservativer Überzeugungen".
Gingrich hebt Santorums Fahne auf
Genau die macht sich Gingrich sogleich zu Eigen. "Ich fühle mich verpflichtet, bis [zum Parteitag] Tampa im Rennen zu bleiben, damit die konservative Bewegung eine echte Wahl hat."
Romney wird das nicht stören: Gingrich hat noch weniger Delegierte als Santorum, seine Kampagne leidet unter chronischer Geldknappheit. Außerdem räumte Gingrich am Wochenende bereits ein, dass Romney sehr wahrscheinlich die Nominierung gewinnen wird.
Zeit zum Luftholen hat der Obama-Herausforderer in spe trotzdem nicht. Nur wenige Minuten nach Santorums Bekanntmachung waren die US-amerikanischen TV-Sender schon wieder bei Präsident Obama. Der hielt in Florida eine kämpferische Grundsatzrede zur sozialen Marktwirtschaft und über höhere Steuern für Topverdiener. "Reichtum ist nie von oben nach unten gesickert", so Obama, "sondern entstand immer von unten nach oben."
Ein direkter Angriff auf den Multimillionär Romney und dessen Vorschlag, die Steuern für Spitzenverdiener weiter zu senken. Aktuelle Umfragen geben Obama zusätzlichen Schub: In den für die Wahl entscheidenden Staaten liegt er derzeit vor Romney.
Die finale Runde eines langen Wahlkampfes hat damit endgültig begonnen.
Quelle: ntv.de