Assad-Regime warnt vor Aggression USA bereiten Syrien-Flüge vor
26.08.2014, 05:35 Uhr
"Soweit sind wir noch nicht": US-Generalstabschef Martin Dempsey.
(Foto: AP)
Die mächtigste Militärmaschinerie der Welt braucht mehr Zeit: US-Präsident Obama zögert die Entscheidung über Luftschläge gegen die IS in Syrien hinaus. Werden US-Maschinen unangekündigt nach Syrien eindringen?
Im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) bereiten die USA Regierungskreisen zufolge Erkundungsflüge über Syrien vor. Ob die USA ihre Luftangriffe auf die Islamisten nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien fliegen werde, sei aber noch nicht entschieden, heißt es aus Washington. Ein Militäreinsatz stehe nicht unmittelbar bevor, meinte ein Insider. "Soweit sind wir noch nicht."
US-Generalstabschef Martin Dempsey hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass den IS-Kämpfern auch von syrischer Seite etwas entgegengesetzt werden müsse. Sein Sprecher bestätigte nun am späten Montagabend (Ortszeit US-Ostküste), dass "verschiedene Optionen" geprüft würden. Notwendig sei eine "Koalition fähiger regionaler und europäischer Partner", sagte Oberst Ed Thomas.
Erkundungsflüge mit Drohnen

Bei ihren Eroberungszügen fallen den IS-Milizen auch schwere Waffensysteme in die Hände: Hier ein radikalislamischer Kämpfer mit einer Boden-Boden-Rakete in Ar-Rakkah am Euphrat.
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Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge arbeitet das US-Verteidigungsministerium bereits an Plänen für mögliche Luftschläge in Syrien. Dazu würden Erkundungsflüge im syrischen Luftraum vorbereitet. Unter anderem sollten dabei auch Drohnen zum Einsatz kommen, hieß es unter Berufung auf hochrangige Regierungsbeamte aus Washington. Ziel sei es, mehr Informationen über die IS-Extremisten zu sammeln. Die Erkundungsflüge könnten demnach schon bald beginnen.
Nach US-Medienberichten hatte Präsident Barack Obama am Wochenende solche Flüge genehmigt. Eine Genehmigung von der syrischen Regierung solle nicht eingeholt werden. Syriens Außenminister Walid al-Muallem warnte, dass jeder Bruch der Souveränität des Landes als "Aggression" angesehen werde. Er erklärte in Damaskus jedoch, seine Regierung sei im Kampf gegen den Terrorismus zur Zusammenarbeit auch mit westlichen Ländern wie den USA bereit, wenn die Weltgemeinschaft "die Führung und Unabhängigkeit" Syriens respektiere.
Luftangriffe in Syrien?
Die IS-Miliz hat in den vergangenen Monaten große Teile Syriens und des Irak unter ihre Kontrolle gebracht und dabei in der gesamten Region Angst und Schrecken verbreitet. Insbesondere Andersgläubige sowie ethnische und religiöse Minderheiten müssen mit dem Vormarsch der IS-Milizen um ihr Leben fürchten. Mittlerweile steht das Machtgefüge der gesamten Region vor dem Zusammenbruch. Die unerwarteten Erfolge der extrem brutal vorgehenden IS-Kämpfer zwingen den verschiedenen Parteien im Nahen und Mittleren Osten mitunter ganz neue Allianzen auf.

Unangemeldete US-Angriffe gegen IS-Kämpfer in Syrien? Assads Außenminister Walid al-Mualem pocht auf Mitsprache.
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Die USA haben sich im Irak in die Bekämpfung der Extremisten eingeschaltet und erwägen, auch auf syrischem Territorium gegen die Gruppe aktiv zu werden. Die Beziehungen zwischen dem Westen und der Regierung in Damaskus sind allerdings wegen des syrischen Bürgerkriegs äußerst angespannt. Präsident Baschar al-Assad versucht seit mehr als drei Jahren, das Aufbegehren großer Teile der Bevölkerung gewaltsam niederzuschlagen.
Die syrische Regierung pocht bei der Bekämpfung der IS nun ausdrücklich auf eine Berücksichtigung und die Wahrung der Souveränität. Syrien sei zur Zusammenarbeit mit den USA und Großbritannien bereit, erklärte Außenminister Walid al-Muallem. Luftangriffe auf die Extremisten in seinem Land müssten allerdings abgesprochen werden.
"Harte Militäraktionen"
In Syrien sind die IS-Kämpfer ein wichtiger Machtfaktor innerhalb des syrischen Bürgerkriegs. Eine Schwächung der IS könnte dem Regime in Damaskus Luft verschaffen - und so indirekt auch das gemäßigtere Anti-Assad-Lager treffen.
Der US-Präsident würde nicht zögern, militärische Gewalt einzusetzen, um Amerikaner zu beschützen, betonte sein Sprecher Josh Earnest zu Wochenbeginn in Washington. Es gebe aber keine Beweise, dass IS-Extremisten einen Plan für einen Terroranschlag auf amerikanischem Boden hätten. Das Verteidigungsministerium bereite sich auf Möglichkeiten vor, weiter gegen die Terrorgruppe vorzugehen.
Earnest schränkte jedoch ein: "Man sollte nicht unbedingt zu dem Schluss kommen, dass harte Militäraktionen in Syrien notwendig sind, um näher an das Ziel heranzukommen oder es zu erreichen." Man verfüge auch über andere Werkzeuge als militärische.
Deutsche Waffenhilfe später?
In Deutschland könnte sich unterdessen die Entscheidung der Bundesregierung über Waffenlieferungen für den Kampf der Kurden und Nordiraker gegen die IS-Miliz weiter verzögern. Vielleicht falle sie erst nach der am kommenden Montag anstehenden Sondersitzung des Bundestags, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter.
Bisher war eine Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den zuständigen Ministern schon für diesen Mittwoch erwartet worden. Die geplanten Waffenlieferungen an die Kurden sind quer durch alle Fraktionen umstritten - auch weil manche befürchten, dass die Waffen in falsche Hände geraten könnten.
50.000 Mann unter Waffen?
Unterdessen erhalten die IS-Dschihadisten immer mehr Zulauf. Nach ihren jüngsten Erfolgen hätten sich allein am Wochenende in Syrien mehr als 300 Männer anderer Oppositionsmilizen den Extremisten angeschlossen, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf dem IS vor, nach der Eroberung der irakischen Stadt Mossul dort rund 670 Häftlinge wegen ihres Glaubens ermordet zu haben. Der Leiter der Menschenrechtler, Rami Abdel Rahman, schätzt die Truppenstärke der IS in Syrien inzwischen auf rund 50.000 Kämpfer. Etwa 20.000 von ihnen kämen aus dem Ausland - vor allem aus dem arabischen Raum und aus Europa.
Allein seit Juli sollen sich etwa 6300 Kämpfer der Terrormiliz IS angeschlossen haben. Der IS beherrscht im Norden und Osten Syriens rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im Nachbarland Irak kontrolliert er im Norden und Westen riesige Gebiete. Kämpfer und militärische Ausrüstung der Sunnitenmiliz können die Grenze zwischen Irak und Syrien bislang weitgehend ungehindert passieren.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts