Politik

OB-Wahl in Dresden Verliert die CDU die nächste Großstadt?

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(Foto: picture alliance / dpa)

Reihenweise muss die CDU Rathäuser in Metropolen aufgeben. Das droht der Union nun auch in der sächsischen Landeshauptstadt. Doch die Stadt steht zusätzlich unter Beobachtung: Schlagen sich die nahezu wöchentlichen Pegida-Demos in Wählerstimmen nieder?

"Die CDU kann Großstadt", sagt Kai Wegner. Der Berliner Bundestagsabgeordnete ist Großstadtbeauftragter der Unionsfraktion. Auch bei ihm in der Hauptstadt regierte einst ein CDU-Bürgermeister. Doch seit der Abwahl Eberhard Diepgens vor 14 Jahren ging der Union neben Berlin eine ganze Reihe weiterer Städte verloren: Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf - nur um die größten zu nennen. Mittlerweile gibt es in Deutschland keine Stadt mehr, die mindestens eine halbe Million Einwohner und einen CDU-Politiker als obersten Repräsentanten hat. Am 7. Juni wählt nun Dresden.

Bis zu ihrem gesundheitsbedingten Ausscheiden Ende Februar hatte Oberbürgermeisterin Helma Orosz hier die Fahne der CDU hochgehalten. Ihrem Parteifreund und Wunschnachfolger, Sachsens Innenminister Markus Ulbig, werden allerdings nicht die besten Chancen eingeräumt. "Das ist ein Problem für die CDU, weil ihre Großstadtfähigkeit damit weiter infrage gestellt wird", sagt Politikwissenschaftler Hans Vorländer von der Technischen Universität Dresden. Großstädte seien anders als ländliche Räume. Dort herrsche große kulturelle Heterogenität, unterschiedliche Bevölkerungsteile lebten neben- und miteinander. Und vor allem Universitätsstädte und Hightech-Standorte wie Dresden seien einfach "jünger" und internationaler. "Dieses Lebensgefühl zu treffen, ist schwierig, für die CDU anscheinend besonders."

Experte: CDU hat eigentlich Großstadt-Programm

Ulbig oder Stange. Am Sonntag entscheiden die Dresdner.

Ulbig oder Stange. Am Sonntag entscheiden die Dresdner.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für Wegner bringt die CDU programmatisch alles mit, um diese Wählergruppe anzusprechen. Er nennt Wohnungsbauförderung, Mietpreisbremse, Stadtentwicklung, Städtebauförderung - wo die CDU auch im Bundestag ganz viel für die Städte tue. "Aber wir müssen es noch glaubwürdiger rüberbringen. Viele Menschen verbinden das nicht mit uns." Die CDU habe Dresden gutgetan. 

Doch Ulbig dürfte es schwer haben. In den vergangenen Monaten stand er wegen der Asylpolitik der Landesregierung und des Umgangs mit Pegida in der Kritik. Die Kommunen warfen dem Innenministerium mangelnde Kommunikation bei der Unterbringung von Asylbewerbern vor. Die Opposition wiederum hält Ulbig in Sachen Pegida eine "Verharmlosungsstrategie" vor.

Triumph der FDP?

Neben seiner Kabinettskollegin, Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange von der SPD, die für ein Bündnis der rot-rot-grünen Stadtratsmehrheit ins Rennen geht, tritt Dirk Hilbert (FDP) an. Er könnte vom Amtsbonus profitieren. Denn seit dem gesundheitlich bedingten Rückzug von Orosz im Februar führt der FDP-Politiker die Amtsgeschäfte in der 540.000-Einwohner-Stadt. Hilbert tritt als überparteilicher Kandidat an. Sollte er als Wahlsieger hervorgehen, wäre dies dennoch für die FDP ein Triumph.

Amtsinhaberin Helma Orosz zieht sich zurück.

Amtsinhaberin Helma Orosz zieht sich zurück.

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Daneben konkurrieren zwei weitere Kandidaten um die konservative Wählerschaft: Stefan Vogel, der Vorsitzende der AfD-Stadtratsfraktion, und die Kandidatin der islamkritischen Pegida, Tatjana Festerling. Er gehe nicht davon aus, dass die Wahl im ersten Durchgang entschieden werde, sagt Vorländer.

Alle drei wissen um die Rolle der Wahl im Schatten von Pegida. In seltener Einmütigkeit machten Stange, Ulbig und Hilbert auf einer gemeinsamen Pressekonferenz Mitte April klar, dass Ausländerfeinde in Dresden keinen Platz hätten. Anlass war der Auftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders bei Pegida in Dresden. Die Stadt habe wegen Pegida ein "dramatisches Imageproblem", räumte Hilbert ein.

Zwei Kandidaten dürften sich dabei aber absetzen: "Das wird zum einen sicherlich Frau Stange sein und zum anderen - wenn man auf die Prognosen schaut - wohl Herr Hilbert." Ulbig werde darunter leiden, "dass es auf der konservativen Seite des politischen Spektrums konkurrierende Kandidaten gibt". Vergangene Wahlen hätten gezeigt, dass die CDU Stimmen an die AfD verliert. "Und wenn nun auch noch eine Kandidatin von Pegida antritt, dann werden auch dort Stimmen hingehen", meint der Politologe. Für die selbst ernannten Patrioten sei die Wahl der Lackmustest. "Wie stark Pegida bei Wahlen ist, ist ja bisher nie getestet worden. Insofern ist das von besonderem Interesse für alle Beobachter und für die Dresdner selbst."

AfD erhält NPD-Hilfe

Für den antiislamischen Verein geht die bislang in Hamburg heimische Antje Festerling ins Rennen. Seit Wochen gehört das ehemalige AfD-Mitglied zum festen Bestandteil der montäglichen Pegida-Demonstrationen, auf der sie zuletzt einmal mehr heftig über die anderen Parteien herzog und vor einer "Asylflutung" warnte. Unterstützt wird sie von der rechtsextremen NPD.

Mit der OB-Kandidatur in ihrer Hochburg Dresden versucht Pegida, sich in der Kommunalpolitik zu verankern. Nachdem sich die antiislamische Bewegung zu Jahresbeginn im Streit mit Mitbegründer Lutz Bachmann über eine zunehmende Radikalisierung aufspaltete, wurde mehrfach über ihr nahendes Ende spekuliert. Tatsächlich ist es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden um Pegida, zuletzt brachte der Verein am Montag laut Polizei rund 2000 Anhänger auf die Straße.

Laut einer vor rund drei Wochen veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Instituts für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden für die "Dresdner Neuesten Nachrichten" landen der AfD-Kandidat Vogel und Pegida-Frontfrau Festerling lediglich bei zwei beziehungsweise einem Prozent. Stange und Hilbert liegen bei 28 beziehungsweise 26 Prozent, Ulbig mit 15 Prozent deutlich dahinter. Er glaube nicht, dass die CDU aus dem Lager der Nichtwähler mobilisieren könne, sagt Vorländer. "Und der Kandidat ist vielleicht auch nicht so charismatisch und in der Dresdner Stadtpolitik verwurzelt, dass er das Manko ausgleichen könnte."

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

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