"ntv Frühstart" zur Corona-Krise Versicherer: "Ökonomisch ist Antwort da"
28.04.2020, 09:48 Uhr
Deutschland und die EU können die Krise beherrschen, so sieht es die deutsche Versicherungswirtschaft. Die Hauptlast liege auf der Fiskalpolitik der Einzelstaaten, aber auch der europäische Stabilitätsmechanismus ESM sei stabil und werde funktionieren.
Die deutsche Versicherungswirtschaft hält die durch Corona entfachte wirtschaftliche Krise für beherrschbar. "In dieser Situation, wo die Geldpolitik weniger Möglichkeiten hat als 2008/2009, liegt die Hauptlast auf der Fiskalpolitik. Das sehen wir in Deutschland wie in allen anderen Staaten, die von dieser Krise betroffen sind", sagte Jörg Asmussen, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), im "ntv Frühstart". Deutschland habe erheblichen Handlungsspielraum und "jahrelang einen ausgeglichenen Haushalt gehabt. Und das gibt uns heute auch die finanziellen Möglichkeiten, in dieser Krise so groß zu reagieren."
Es sei richtig, dass Europa in dieser Situation solidarisch reagiere, so der ehemalige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Das sei wichtig für die Zukunft Europas. "Ich glaube, die kernökonomische Verteidigungslinie, die wir im Moment sehen, und die auch funktioniert, ist der europäische Stabilitätsmechanismus ESM zusammen mit der Europäischen Zentralbank EZB. Das ist groß, das ist stabil, das ist morgen einsatzbereit, das wird funktionieren. Also ökonomisch ist die Antwort da."
Gemeinsame Schulden wie etwa die zuletzt von den EU-Regierungschefs verworfenen Corona-Bonds hält Asmussen nicht für ein Instrument, das man derzeit "vernünftig" einsetzen könne, weil die Voraussetzungen dafür fehlten. "Man braucht für funktionierende Gemeinschaftsanleihen auch eine vergemeinschaftete Ausgabenpolitik, eine vergemeinschaftete Einnahmepolitik, und dann kann man auch die Schuldenaufnahme vergemeinschaften. Da wir das nicht haben, ist dieses singuläre Instrument so zurzeit eine falsche Diskussion, aber es ist eine politische." Ökonomisch stehe der europäische Rettungsschirm.
Vor Entwicklungsländern liegt riesige Welle
Das Weltfinanzsystem ist aus Asmussens Sicht stabiler, als es 2008/2009 war. "Wir haben neue Eigenkapitalregeln, neue Liquiditätsregeln. Also, das Weltfinanzsystem als Ganzes ist stabiler, als es vor zehn Jahren war, und deswegen können wir auch mit dieser Situation vernünftig umgehen." Die eigentliche pandemische Krise passiere jedoch in Schwellen- und Entwicklungsländern. "Das soll jetzt nicht zynisch klingen mit Blick auf Europa oder auf Deutschland selber. Wenn man guckt, was in Schwellenländern oder in Entwicklungsländern gesundheitlich wie wirtschaftlich passiert, dann liegt vor denen wirklich noch eine riesige Welle", sagt Asmussen.
Die deutsche Versicherungswirtschaft kommt ihren Kunden laut Asmussen durch Stundung oder Aussetzen von Prämienzahlungen entgegen. "Wir haben 73.000 Betriebsschließungsversicherungen in Deutschland bei den Millionen von Betrieben." Bei einem Großteil seien Pandemien nicht mit abgesichert, "bei einem kleinen Teil ja. Da, wo es Leistungsansprüche gibt, wird ohne jeden Zweifel gezahlt. Darüber hinaus, wo es nicht versichert war oder ist, gibt es freiwillige Leistungen der Industrie für ihre Kunden."
Quelle: ntv.de, fni