Flucht nach Deutschland Viele türkische Diplomaten beantragen Asyl
24.02.2017, 10:06 Uhr
Immer mehr türkische Diplomaten beantragen Asyl in Deutschland.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das harte Vorgehen gegen Regierungsgegner in der Türkei veranlasst viele Diplomaten zu einem drastischen Schritt: Sie beantragen Asyl in Deutschland. Zugleich stellt die Türkei weniger Auslieferungsgesuche an Deutschland als erwartet.
Angesichts des harten Vorgehens gegen Regierungsgegner seit dem Putschversuch in der Türkei beantragen immer mehr türkische Diplomaten Asyl in Deutschland. Der Bundesregierung seien "136 Asylanträge von Diplomatenpassinhabern aus der Türkei bekannt", heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darunter seien auch Familienangehörige von Diplomaten.
Der Rechercheverbund von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" berichtete unter Berufung auf das Innenministerium, diese 136 Anträge seien zwischen August 2016 und Januar 2017 gestellt worden. Im Oktober hatte die Bundesregierung diese Zahl nach Angaben des Rechercheverbundes noch mit 35 angegeben.
Unklar ist, ob bereits über Asylanträge entschieden wurde. Nach dem Putschversuch vom Juli 2016 hatte die türkische Regierung ihr Vorgehen gegen mutmaßliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, aber auch gegen andere Regierungsgegner verschärft. Rund 100.000 Beschuldigte wurden aus dem Staatsdienst entlassen, Zehntausende Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Beamte im Ausland wurden aufgefordert, in die Türkei zurückzukehren. Wie viele davon dem Aufruf nicht Folge leisteten, ist unbekannt. Die Regierung macht den im US-Exil lebenden Gülen und seine Anhänger in der Türkei für den gescheiterten Putschversuch verantwortlich.
PKK-Angehörige sollen ausgeliefert werden
Während viele Türken gern nach Deutschland kommen wollen, fordert die Regierung von Berlin, vermeintliche Terroristen auszuliefern. Doch obwohl Erdogan Deutschland vorwirft, Tausenden Terrorverdächtigen Schutz zu gewähren, wurden in den vergangenen zwei Jahren nur rund 20 Auslieferungsgesuche wegen Terrorismus gestellt. Das geht ebenfalls aus der Antwort des Bundesinnenministeriums hervor.
2015 gingen demnach 66 Auslieferungsgesuche der Türkei ein, darunter 13 wegen Terrorismus. Für 2016 lagen 60 Gesuche vor, davon 8 wegen Terrorismus. Die Zahlen für 2016 wurden noch nicht abschließend erfasst. Aus der Antwort geht nicht hervor, wie über die Gesuche entschieden wurde.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte im November gesagt, die Türkei verlange von Deutschland die Auslieferung von "mehr als 4000" Angehörigen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. "Aber sie haben uns nicht einen einzigen gegeben." Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte kurz zuvor kritisiert, dass Deutschland die Auslieferung Terrorverdächtiger verweigere. "Es fällt mir schwer zu verstehen, wie ein demokratisches Land, das zu den führenden Staaten der EU gehört, Mitglieder einer Organisation verteidigen kann, die es als Terrororganisation einstuft", sagte Erdogan dazu.
Quelle: ntv.de, ara/dpa