Afghanistan-Abzug auf dem Prüfstand Von der Leyen warnt vor Eile
29.09.2015, 15:26 Uhr
Von der Leyen nennt die Lage in Kundus "besorgniserregend".
(Foto: dpa)
Die Eroberung von Kundus stellt den Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan in Frage. Verteidigungsministerin von der Leyen will die Lage erst sorgfältig analysieren. Andere Politiker werden da schon deutlicher.
Nach der Einnahme des nordafghanischen Kundus durch radikalislamische Taliban hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor überstützten Entscheidungen über das weitere Nato-Engagement in dem Land gewarnt. Die Ministerin sagte in Berlin, die aktuelle Lage müsse sorgfältig analysieren werden. Eine Entscheidung solle nach dieser Analyse gefällt werden "und nicht nach starren Zeitlinien".
Der Nato-Einsatz ist zunächst bis Ende 2016 angelegt und soll sich am Schluss nur noch auf die Hauptstadt Kabul konzentrieren. Die Bundeswehr ist noch mit bis zu 850 Soldaten im Land. Sie sind in Masar-i-Scharif und in Kabul stationiert. Insgesamt sind noch gut 13.000 ausländische Soldaten in dem Land, darunter fast 7000 US-Soldaten.
"Lage ist besorgniserregend"
"Die Lage in Kundus ist besorgniserregend", sagte von der Leyen weiter. Inzwischen würden Tausende afghanische Soldaten zusammengezogen, die entschlossen seien, die Stadt wieder freizukämpfen, auch weil Kundus eine hohe Bedeutung für die afghanische Regierung habe.
Für die Soldaten der Bundeswehr habe Kundus ebenfalls besondere Bedeutung, so von der Leyen. "Und deshalb ist mir wichtig, dass die Erfahrungen dieser Tage genau analysiert werden und auch in den Bericht einfließen, auf dessen Grundlage wir jetzt im Herbst in der NATO die Entscheidung fällen, wie es im Jahr 2016 weitergeht und darüber hinaus."
Einsatz verlängern?
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, forderte eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes. Die deutschen Soldaten im Norden Afghanistans sollten ein weiteres Jahr bis Ende 2016 in voller Stärke dort bleiben, sagte er. "Wir müssen prüfen, ob wir das Abzugsdatum halten können", sagte der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung, dem "Tagesspiegel".
Die Bundeswehr hatte in Kundus ab Oktober 2003 zehn Jahre lang ein Feldlager betrieben. Die deutschen Soldaten waren Teil des Nato-Kampfeinsatzes Isaf, der 2014 beendet wurde. Seither sind Nato-Soldaten überwiegend nur noch als Berater im Land präsent. Die Taliban hatten am Montag Kundus von mehreren Seiten aus überrannt. Am Dienstag hat die afghanische Regierung eigenen Angaben zufolge mit der Rückeroberung begonnen. Dabei werden sie der Nato zufolge von US-Kampflugzeugen unterstützt. Ein Bundeswehr-Team sondierte die Lage vor Ort.
Quelle: ntv.de, mli/rts/AFP