Ermittlungen nach Mord an Jo Cox War Täter "psychisch kranker Neo-Nazi"?
18.06.2016, 04:37 Uhr
Trauer um Jo Cox, aber was steckt hinter ihrer Ermordung?
(Foto: picture alliance / dpa)
Fünf Tage vor dem EU-Referendum in Großbritannien setzen beide Lager ihren verbissen geführten Wahlkampf aus. Der Grund: Die Ermordung der Labour-Abgeordneten und Brexit-Gegnerin Cox. Die Hintergründe der Tat sind weiter unklar.
Nach dem Mord an der Labour-Abgeordneten und Brexit-Gegnerin Jo Cox gehen die Ermittlungen zu den Hintergründen der Bluttat weiter. Die Polizei konzentriert sich inzwischen auf mögliche Kontakte des Tatverdächtigen zu rechtsextremen Gruppen. Vor der Volksabstimmung über die britische EU-Mitgliedschaft am 23. Juni wollen beide Lager auch am Samstag ihren Wahlkampf ausgesetzt lassen - die Austrittsbefürworter kündigten aber kleinere Aktionen wie Hausbesuche an.
Die Labour-Angeordnete und Brexit-Gegnerin Cox war am Donnerstag in ihrem Wahlkreis in Nordengland auf offener Straße niedergestochen und niedergeschossen worden und starb wenig später in einer Klinik. Die Polizei teilte am Freitagabend mit, man gehe von einem "isolierten, aber gezielten Angriff" aus.
Mair des Mordes beschuldigt
Der 52-jährige Täter wird im Lauf des Tages dem Haftrichter vorgeführt. "Wir haben nun einen Mann des Mordes, der schweren Körperverletzung, des Besitzes einer Feuerwaffe mit der Absicht, eine Straftat zu begehen, und des Besitzes einer Angriffswaffe beschuldigt", erklärte der zuständige Polizeivertreter Nick Wallen aus West Yorkshire am frühen Morgen. Mair werde später vor dem Westminster Magistrates Court erscheinen. Damit wird er offiziell des Mordes beschuldigt.
Das politische Leben in Großbritannien war nach der Bluttat an der Labour-Abgeordneten und Brexit-Gegnerin Cox wie gelähmt. Die Folgen des Attentats für das Referendum am 23. Juni, bei dem die Briten über den Verbleib ihres Landes in der EU entscheiden, blieben aber völlig unabsehbar.
Verbindungen zu Neo-Nazis?
Der Sender BBC meldete, in der Wohnung des Tatverdächtigen seien Nazi-Insignien gefunden worden. Zuvor hatten Medien berichtet, dass der 52-Jährige Verbindungen zu US-Neonazis und südafrikanischen Rassisten gehabt haben soll.
Der Tatverdächtige sei längere Zeit Unterstützer der US-Gruppe Nationale Allianz gewesen, schrieb die "Washington Post" unter Berufung auf das Southern Poverty Law Center. 1999 habe er sich ein Handbuch bestellt, in dem auch eine Gebrauchsanweisung zum Bau einer Pistole enthalten gewesen sei. Die britische Zeitung "Daily Telegraph" berichtete zudem, der Mann habe früher eine Zeitung abonniert, die von einer südafrikanischen Pro-Apartheid-Organisation herausgegeben worden sei.
"Geschichte psychischer Krankheiten"
Die Polizei geht aber auch Hinweisen nach, wonach der festgenommene 52-Jährige psychische Probleme gehabt haben und in Behandlung gewesen sein soll. "The Telegraph" zitierte einen Bruder des mutmaßlichen Täters mit den Worten, der 52-Jährige habe eine "Geschichte psychischer Krankheiten, allerdings hatte er Hilfe gehabt".
Am Montag kommt das britische Unterhaus zu einer Sondersitzung zusammen, um die Tote zu ehren. In einer demonstrativen Geste der Gemeinsamkeit legten Premierminister David Cameron und Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn am Freitag Blumen in Birstall in Yorkshire nieder, wo Cox am Donnerstag brutal überfallen wurde. Corbyn nannte das Verbrechen, das auch international Bestürzung auslöste, einen «Angriff auf die Demokratie», Cameron verurteilte Hass und Hetze in der politischen Debatte.
Quelle: ntv.de, bad/dpa