Politik

Bomben bis St. Nimmerlein? Warum Luftangriffe nur ein Anfang sind

Seit der Nacht zu Dienstag fliegen US-Einheiten unterstützt von arabischen Partnern Luftangriffe auf Stellungen in Syrien.

Seit der Nacht zu Dienstag fliegen US-Einheiten unterstützt von arabischen Partnern Luftangriffe auf Stellungen in Syrien.

(Foto: REUTERS)

Mit ihren Luftangriffen auf Stellungen des IS sind die USA wider Willen nun doch Konfliktpartei im syrischen Bürgerkrieg. Große Hoffnungen, dass sie das Drama jetzt schnell beenden, erscheinen aber kaum angebracht.

Die USA und eine Handvoll arabischer Staaten greifen mit ihren Luftschlägen gegen den Islamischen Staat (IS) auch in den Bürgerkrieg in Syrien ein. "Endlich", mag manch einer sagen. Dieser Bürgerkrieg hat schließlich schon 200.000 Menschen das Leben gekostet. Und die Weltgemeinschaft hat dem Töten drei Jahre lang tatenlos zugesehen. Die Attacken der west-östlichen Koalition sind allerdings nicht nur ein begrenztes Mittel im Kampf gegen IS. Sie können auch nur ein erster Schritt sein, das Drama des syrisches Bürgerkriegs zu beenden. Folgen keine weiteren Schritte, wird es nicht bei 200.000 Toten bleiben.

"Diese Luftangriff-Koalition will Assad offensichtlich nicht antasten", schreibt "The Revolting Syrian", ein Anhänger der gemäßigten syrischen Opposition bei Twitter. "Wir können nur darauf hoffen, dass sie uns hilft, IS loszuwerden, damit wir Assad selbst fertigmachen können." Es ist nur eine von vielen Stimmen aus der syrischen Opposition. Doch sie bringt ein Dilemma dieser Intervention auf den Punkt.

Die Koalition greift keine Stellungen der syrischen Armee an. Die Luftangriffe haben deshalb nur das Potenzial, den Vormarsch der Dschihadisten des IS zu stoppen, sie bestenfalls zurückzudrängen. Das ist schonmal ein Fortschritt. So ist es möglich, die Freie Syrische Armee, die derzeit zugleich gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad und gegen IS kämpfen muss, zumindest an einer Front zu entlasten. Mehr aber auch nicht.

Kein Sieg ohne Bodentruppen

Die USA und ihre Partner gehen einen wirren Pakt mit Assad ein. Obwohl sie wohl dazu in der Lage wären, nutzen sie die Gelegenheit nicht, IS und das syrische Regime gleichzeitig zu bekämpfen. Sie freuen sich vielmehr darüber, dass sie ohne syrische Gegenwehr dem IS-Schrecken entgegentreten können. Der syrische Präsident nimmt wiederum eine Intervention hin, die offensichtlich gegen das Völkerrecht und die Autonomierechte Damaskus' verstößt. Wohlwissend, dass er am Ende davon profitiert. Denn die Dschihadisten stellen für das Regime derzeit die größere Gefahr dar als die geschwächten Oppositionellen in Aleppo. Und entlastet im Kampf gegen IS, hat die syrische Armee wieder größere Kapazitäten, sich auf die Oppositionellen zu stürzen.

Für die USA kann dieser Pakt nur eine vorübergehende Notlösung sein. Denn er beinhaltet keine Perspektive auf ein Ende des Konflikts. Allein mit Luftschlägen kann die Koalition IS nicht besiegen. Und zumindest die USA haben es ausgeschlossen, Bodentruppen zu schicken. Sie müssen sich deshalb darauf verlassen, dass die Freie Syrische Armee womöglich zusammen mit den Kurden aus der Region dafür sorgt, IS endgültig zu vernichten. Doch wie soll das gelingen, wenn sie wieder verstärkt von Damaskus unter Beschuss gerät?

US-Generalstabschef Martin Dempsey hat in der vergangenen Woche zwar angekündigt, 5000 Oppositionskämpfer der Freien Syrische Armee auszubilden. Auch mit Waffenlieferungen ist zu rechnen. Doch das dürfte kaum reichen, um Offensiven gegen IS zu führen und sich zugleich gegen einen erstarkenden Assad zu verteidigen. Die Folge: Die Koalition schafft es nur leidlich, die syrische Opposition am Leben zu halten. Und sie muss ihre Luftschläge bis zum Nimmerleinstag fortsetzen, weil die Bodenunterstützung nicht ausreicht. Wenn die USA und ihre Verbündeten nicht mehr Engagement zeigen, erscheint ein nicht enden wollender Konflikt in Syrien als sehr wahrscheinliches Szenario.

Quelle: ntv.de

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