Keine neuen Abkommen, kein Treffen mit Merkel Westerwelle empfängt US-Delegation
22.11.2013, 09:36 Uhr
Sogar Kanzlerin Merkel soll abgehört worden sein. Mit der US-Delegation trifft sie sich nun aber nicht.
(Foto: REUTERS)
Die Europäer sind sauer. Mit ihren Sicherheitsbedenken haben es die USA übertrieben, meinen viele. Die Spionagevorwürfe lasten schwer. Dem wollen US-Parlamentarier nun entgegentreten. Doch sie stellen gleich klar: Neu verhandelt wird nicht.
Im Ringen um die Bewältigung der NSA-Affäre trifft eine kleine Delegation von US-Parlamentariern kommende Woche den amtierenden Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Dies teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts mit. Außerdem wollen die Politiker mit Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien zusammenkommen. Danach reisen die US-Parlamentarier nach Brüssel, wo Gespräche mit Vertretern des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission geplant sind.
Der Delegation gehören der Vorsitzende des Unterausschusses für Europa im US-Senat, Chris Murphy, sowie der demokratische Abgeordnete Gregory Meeks an. Der republikanische Kongressabgeordnete Mario Diaz-Balart stößt in Brüssel dazu.
Ziel der Gespräche ist es, Vertrauen wiederzugewinnen. Die USA stehen wegen der Spähaktivitäten der NSA seit Monaten international in der Kritik. Der Geheimdienst soll massenhaft E-Mails und Telefonate überwacht haben, unter anderem die Kommunikation von etwa 35 internationalen Spitzenpolitikern. Auch das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel stand offenbar im Visier der NSA.
USA überwachen laut Murphy nicht pauschal
"Meine größte Hoffnung ist, ein Stück des Wohlwollens wiederzugewinnen, das in den vergangenen Wochen verloren gegangen ist", sagte Murphy. Zugleich dämpfte der Vorsitzende des Unterausschusses für Europa im Senat zu hohe Erwartungen an seinen Besuch: "Ich werde nicht nach Brüssel oder Berlin kommen, um neue Abkommen zu verhandeln."
Murphy zeigte Verständnis für den Unmut in Deutschland und Europa über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA. Die Sorgen über den Verlust der Privatsphäre gebe es auch in den USA. "Wir haben in diesem Land eine Debatte über das Eindringen der US-Geheimdienste in das Leben von amerikanischen Bürgern", sagte der Senator. "Es ist angebracht, dass wir darüber sprechen, wie das auch die Europäer betrifft." Viele Volksvertreter im Kongress in Washington, insbesondere aus dem Lager der Republikaner, befürworten allerdings das Vorgehen der US-Geheimdienste.
Murphy machte zugleich deutlich, dass er auf seiner Reise übertriebenen Vorstellungen über das Ausmaß der US-Spähprogramme entgegentreten wolle. "Die schlimmsten Ängste der Leute, dass die USA täglich bei ihren Gespräche mithören, entsprechen nicht der Realität", sagte er. Einige Berichte europäischer Medien seien falsch gewesen. "Es ist der Eindruck entstanden, dass die Vereinigten Staaten europäische Bürger pauschal überwachen. Das ist einfach nicht wahr", sagte der Senator.
Treffen mit Friedrich möglich
Murphy dementierte einen Bericht der Nachrichtenseite "Spiegel Online", dass ihm ein Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck verwehrt worden sei. Murphy sagte, die Reise sei vor allem als "Austausch zwischen Parlamenten" gedacht. Laut "Spiegel Online" soll es im Bundeskanzleramt aber ein Gespräch mit dem Abteilungsleiter für Außenpolitik, Christoph Heusgen, geben. Möglich sei auch eine Begegnung mit Innenminister Hans-Peter Friedrich, hieß es.
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, vermutlich habe die US-Delegation bei ihrem Kurzbesuch in Berlin nur wenig Zeit für Gespräche. Er hoffe aber auf einen intensiveren Austausch zu einem späteren Zeitpunkt. Ströbele will demnächst selbst in die USA reisen, um sich dort mit Abgeordneten zu treffen. Anfang der Woche hatte er sich in London mit mehreren Parlamentariern aus dem britischen Unter- und Oberhaus zusammengesetzt, um über die dortige Geheimdienstpraxis zu reden. Der britische Geheimdienst GCHQ soll ebenfalls im großen Stil auch deutsche Daten gesammelt haben.
Ströbele hatte Ende Oktober für Aufsehen gesorgt, als er den Enthüller der Spähvorwürfe, den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, überraschend in Moskau traf. Der Grünen-Politiker beklagte, die Aufklärung komme in Deutschland zu langsam voran. Deshalb bemühe er sich auf eigene Faust um solche Gespräche und Informationen.
Quelle: ntv.de, hah/AFP/dpa