Vorbild Österreich? "Wir brauchen kein Islam-Gesetz"
25.02.2015, 12:19 Uhr
Im Islamischen Zentrum in Wien. In Österreich ist das Islam-Gesetz nicht unumstritten.
(Foto: dpa)
Das österreichische Parlament verabschiedet heute ein Islam-Gesetz, mit dem die Integration der Muslime verbessert werden soll. Der CDU-Politiker Franz-Josef Jung begrüßt das Anliegen, sieht in Deutschland aber keinen Bedarf für gesetzliche Regelungen.
n-tv.de: Die österreichische Regierung sagt, ihr neues Islam-Gesetz könne eine Vorreiterrolle für Europa haben. Brauchen wir ein solches Gesetz für Deutschland?

Franz-Josef Jung ist stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion und Beauftragter seiner Fraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften.
(Foto: picture alliance / dpa)
Franz-Josef Jung: Grundsätzlich halte ich den Ansatz, den das österreichische Gesetz hat - den Islam durch einen festgesetzten Rahmen mehr in die freiheitliche Gesellschaft einzubinden - für richtig. In Deutschland haben wir allerdings andere Voraussetzungen. Wir haben beispielsweise vier Lehrstühle an Universitäten, an denen Imame im Hinblick auf einen modernen Islam in deutscher Sprache ausgebildet werden. Das zeigt bereits Wirkung. Insofern denke ich, dass eine gesetzliche Regelung hier bei uns nicht notwendig ist.
Es gibt noch immer zahlreiche Imame, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, häufig nur für kurze Zeit.
Wer aus dem Ausland als Imam nach Deutschland kommt, hat natürlich die Verpflichtung, den Islam so zu predigen, dass er im Einklang mit unseren Werten steht und eine friedliche Koexistenz ermöglicht. Wer das nicht tut, wie die sogenannten Hass-Prediger, der hat in Deutschland keinen Platz.
Wie sehen Sie die Finanzierung von Imamen durch die türkische Religionsbehörde, die in Österreich verboten werden soll?
Auch da haben wir in Deutschland eine andere Situation. Hier finanzieren sich die meisten muslimischen Gruppierungen selbst.
Was hielten Sie von einem Gesetz, das - wie in Österreich - festschreibt, dass Predigten nur noch auf Deutsch gehalten werden dürfen?
Die Forderung halte ich für absolut richtig, und sie ist auch im Interesse der muslimischen Verbände - die dritte Generation spricht ja nicht nur Deutsch, sie versteht auch häufig nur Deutsch. Außerdem ist es meines Erachtens wichtig zur Vertrauensbildung. Im Grundsatz findet das bei uns in den Moscheen aber auch so statt.
Gesetzlichen Regelungsbedarf sehen Sie also gar nicht?
Wie gesagt: Ich halte den österreichischen Ansatz im Grundsatz für richtig, aber ich glaube nicht, dass wir ein solches Gesetz brauchen. Die Dinge, die Inhalt des österreichischen Islam-Gesetzes sind, werden bei uns seit Jahren in der Islam-Konferenz diskutiert und auch umgesetzt.
Das österreichische Islam-Gesetz kommt den Muslimen auch entgegen; islamischen Feiertagen soll beispielsweise der "Schutz des Staates" gewährt werden, auch soll es ein Recht auf islamische Seelsorge in staatlichen Einrichtungen geben. Ist das eine Anregung für Deutschland?
Wir nehmen ja längst Rücksicht auf die religiösen Bedürfnisse von Muslimen. Muslimischen Kindern wird an hohen islamischen Feiertagen schulfrei gewährt, und in den meisten öffentlichen Kantinen gibt es Angebote für Muslime. Aus meiner Zeit als Verteidigungsminister weiß ich, dass dies bei der Bundeswehr längst die Regel ist. Weitere Maßnahmen im Bereich der Wohlfahrt diskutiert derzeit die Islamkonferenz. Insofern: Nein, auch von dieser Seite haben wir keinen Regelungsbedarf.
Mit Franz-Josef Jung sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de