Taktische Spielchen Zschäpe versucht, die eigene Haut zu retten
29.09.2016, 11:59 Uhr
Zschäpe war es ein Anliegen, selbst zu sprechen.
(Foto: dpa)
Beate Zschäpe äußert sich im Münchner NSU-Prozess selbst. Sie spricht nach über drei Jahren zum Gericht und zu den Angehörigen der NSU-Opfer. Das klingt nach einer Sensation und ist doch nur eine erbärmliche Vorstellung.
Drei Jahre lang haben die Angehörigen der Opfer und Vertreter der Nebenklage Beate Zschäpe immer wieder inständig gebeten, sie möge etwas zu den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen sagen, die dem Nationalsozialistischen Untergrund vorgeworfen werden. Am 313. Verhandlungstag hat sich Zschäpe erbarmt. Ihre knapp einmütige Stellungnahme begann mit den Worten: "Es ist mir ein Anliegen, hier Folgendes mitzuteilen."
Es folgt das lahme Eingeständnis, dass sie sich früher mal mit Teilen des nationalistischen Gedankenguts identifiziert habe. Aber in den Jahren der Illegalität seien Themen wie die "Angst vor Überfremdung" für sie unwichtiger geworden. Heute hege sie keine Sympathien mehr für nationalistisches Gedankengut. Sie verurteile, was die beiden Uwes den Opfern angetan haben und ihr eigenes Fehlverhalten. Danach geht der Verhandlungstag mit dem Beweisantrag eines Nebenklagevertreters weiter.
Glaubt man Augen- und Ohrenzeugen, spricht Zschäpe ein bisschen wie eine Comicfigur, leise und sehr schnell. Inhaltlich liegt ihre Mitteilung vollkommen auf der Verteidigungslinie, die sie in den vergangenen Monaten gemeinsam mit ihren Verteidigern Mathias Grasel und Hermann Borchert verfolgt hat. Die Kernaussage dabei: Zschäpe hat zwar mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zusammengelebt, aber von den Morden nichts gewusst. Sie teilte zunächst das Weltbild der Männer, ergab sich dann aber immer mehr dem Alkohol und fand keinen Weg aus dem selbstgewählten illegalen Leben.
Alles auf die Uwes schieben
Böhnhardt und Mundlos können nichts anderes aussagen, sie sind tot. So bleibt Zschäpe die Deutungshoheit über die Jahre, in denen die drei miteinander lebten. In denen sie Banken überfielen und Menschen zum Teil aus nächster Nähe erschossen, weil sie nicht deutscher Abstammung waren.
Allein, dass Zschäpe selbst spricht, sorgt republikweit für einen Moment medialer Aufregung. Das muss der Frau, die so gern die Fäden in der Hand hält, Genugtuung verschaffen. Etwas Neues hat an diesem Donnerstag in München niemand gehört. Für das rassistische Gedankengut, wie es in der NSU-Bekenner-CD zum Ausdruck kommt, verwendet sie das Adjektiv nationalistisch. Das klingt gleich ein bisschen weniger menschenverachtend und brutal als nationalsozialistisch. Und Zschäpe macht die eigene ideologische Verblendung damit ein bisschen kleiner.
Auch wenn es noch Sitzungstermine bis in den Sommer 2017 hinein gibt, in vielem ist der Prozess bereits weit gekommen. Die Hauptangeklagte hat dabei nicht unbedingt den Eindruck hinterlassen, sie bereue aufrichtig und sei bereit, etwas zur Aufklärung der angeklagten Taten beizutragen. Wenn sie es diesmal auch tatsächlich selbst gesagt hat: Zschäpe hat die Verantwortung für die ihr immerhin als Mittäterin zur Last gelegten Morde einfach nur einmal mehr den beiden Uwes zugeschoben. Es ist ihr ein Anliegen, mit einer möglichst geringen Strafe davonzukommen, darf man vermuten.
Quelle: ntv.de