Politik

De Maizière will mehr Hilfspolizei "Zu viele Westernfilme gesehen?"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Mit seinem Ruf nach Wachpolizisten löst Thomas de Maizière eine Debatte in Deutschland aus. Ungeschulte Kräfte mit Waffen auf Patrouille zu schicken, um Einbrecher abzuschrecken: Vor allem die SPD läuft Sturm gegen den Vorstoß des Innenministers. Auch die Presse ist wenig begeistert von den "Billig-Sheriffs".

Der Münchner Merkur spricht sich deutlich gegen de Maizières Vorschlag aus. An ausgebildeten Polizeibeamten gehe kein Weg vorbei. Nötig wären Investitionen in "richtige" Polizeiarbeit und keinen "Sheriff light", der die Institution 'Polizeibeamter" bedenklich aufweiche. "Bei der Qualifikation darf es keine Abstriche geben - wer hier mit der Billigpolizei anfängt, wo hört er dann auf? Nein, wir brauchen mehr vollwertige Polizeistellen in Deutschland. Die mannigfaltig gestiegenen Herausforderungen für die Sicherheitskräfte - von der Terrorabwehr bis zu Grenzkontrollen, vom Schutz von Flüchtlingsheimen bis zur Bekämpfung von Einbruchsbanden - erfordern mehr Investitionen. Sage niemand, dass dafür kein Geld im übervollen Staatssäckel übrig sei."

Ähnlich sieht es der Kölner Stadt-Anzeiger. Der Innenminister würde einen Vorschlag aufgreifen, der längst auf dem Zettel der rechtspopulistischen AfD stünde. Bei seinem Versuch "den harten Hund zu geben" fehle es de Maizière an Instinktsicherheit. "Nötig sind in der Polizeiarbeit keine Behelfskonstruktionen, sondern ein grundsätzliches Umsteuern im Umgang mit der öffentlichen Verwaltung. Eine allzu dogmatisch betriebene Sparpolitik hat die Behörden vielerorts an den Rand der Funktionsfähigkeit gebracht. Der Minister ist zu klug, als dass er das nicht wüsste. Er sollte es aber auch sagen."

Die Neue Osnabrücker Zeitung fragt ironisch: "Hat Thomas de Maizière etwa zu viele Westernfilme gesehen?" Sein Vorschlag, der Polizei mit "bewaffneten Hilfssheriffs" auszuhelfen, sei "gefährlich und hilflos zugleich". Vor allem sei es aber ein "durchsichtiger Versuch, das Thema innere Sicherheit zu besetzen und so der rechtspopulistischen AfD Wähler abzujagen. Ob dies gelingt, ist allerdings zweifelhaft. Denn viele Bürger dürften sich nicht etwa sicherer fühlen, sondern unsicherer, wenn vermehrt Polizisten Streife gehen, die nur eine Schmalspurausbildung genossen haben, aber trotzdem mit scharfen Waffen ausgerüstet sind."

Am Polizeialltag und den Anforderungen an Beamte gehe dieser Vorschlag gänzlich vorbei, urteilt die Ludwigsburger Kreiszeitung. Damit würde Deutschland seinen guten Ruf bei der Ausbildung von Polizisten aufs Spiel setzen. "Polizist zu sein, ist kein Job für Amateure. Auch nicht für Hitzköpfe. Das sollte der Bundesinnenminister wissen. Polizeiarbeit beinhaltet fast immer hochsensible Grundrechtseingriffe. Und weil das so ist, ist die Polizeiausbildung hierzulande komplex, entsprechend lang - und international hoch geschätzt. So sollte es auch bleiben."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung versucht der Debatte ihre Schärfe zu nehmen. Denn Thomas de Maizière "fordert ja nicht, Hoheitsrechte auf private 'schwarze Sheriffs' zu übertragen, sondern mehr öffentliche Angestellte zum Objektschutz und für den Streifengang." Dennoch stört die FAZ die Tatsache, dass die geforderten Wachpolizisten nach nur kurzer Ausbildung eine Waffe tragen dürften. "Die Mitarbeiter des Ordnungsamts, das sich jetzt mitunter 'Stadtpolizei' nennt, sind ja auch nicht bewaffnet und erfüllen gleichwohl wichtige Aufgaben - zur Entlastung der Polizei. Genauer gesagt: der Schutzpolizei. Die fehlt an vielen Orten. Damit mag auch der oft beklagte mangelnde Respekt zusammenhängen. Wenn der Staat sich zurückzieht, wendet sich der Bürger ab - und womöglich denen zu, die einen anderen Staat wollen. Ein erster Schritt dagegen: Mehr Polizei."

Zusammengestellt von Katja Belousova

Quelle: ntv.de

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