Finanzausgleich soll bleiben Zwölf Bundesländer wehren sich gegen Bayern-Klage
29.08.2023, 20:20 Uhr Artikel anhören
Söder will beim Finanzausgleich mit einer Klage den Takt vorgeben. Zwölf Bundesländer wollen dem nicht folgen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs ist Bayern seit Langem ein Dorn im Auge. Ministerpräsident Söder klagt dagegen. Nun formiert sich Widerstand. Gleich zwölf Bundesländer gehen gegen die bajuwarische Abtrünnigkeit vor. Es geht schließlich um Milliarden. Und um das "Herzstück gemeinsamer föderaler Solidarität".
Mehrere Bundesländer treten der Verfassungsklage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich entgegen. Zwölf Länder werden einer Prozessgemeinschaft beitreten, hieß es. Staatsrechtler Stefan Korioth von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München soll die Länder vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten. Hintergrund ist, dass Bayern im Juli eine Klage gegen den Finanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hatte. Der Freistaat fordert eine Neuregelung, da er inzwischen seit Jahren die mit Abstand größte Last bei dem Ausgleichssystem trägt.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte Anfang Juli gesagt, Bayern brauche künftig mehr Geld daheim. "Bayerisches Geld ist einfach besser in Bayern aufgehoben als in Bremen, Berlin oder anderswo." Man sei und bleibe solidarisch, "aber wir sind nicht naiv". Das Ausgleichssystem sei inzwischen "tief ungerecht". Bayern habe in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehr als 100 Milliarden Euro eingezahlt und nur gut 3 Milliarden Euro bekommen. Davon leisteten sich andere Länder Dinge, die sich Bayern nicht leisten könne oder wolle.
Ramelow: "Fatale Fehlentscheidung"
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow bezeichnete Bayerns Klage gegen den Länderfinanzausgleich als "fatale Fehlentscheidung". Es gehe bei dem Finanzausgleich zwischen den Bundesländern um ein "Herzstück gemeinsamer föderaler Solidarität", sagte Ramelow in Apolda. Ziel sei es, dass das bestehende Ausgleichssystem zwischen finanzstarken und weniger finanzstarken Bundesländern, den sogenannten Geber- und Nehmerländern, Bestand habe.
Neben Thüringen hatten auch die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein mit Unverständnis auf das Agieren Bayerns regiert.
Zwischen den 16 Bundesländern wurden im vergangenen Jahr rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Bayern zahlte davon fast 9,9 Milliarden Euro ein. Baden-Württemberg zahlte der Abrechnung des Bundesfinanzministeriums zufolge knapp 4,5 Milliarden Euro, aus Hessen flossen 3,25 Milliarden Euro. Rund 814 Millionen Euro steuerte Hamburg bei, etwa 107 Millionen Euro Rheinland-Pfalz.
Bayern springt nach Zusage wieder ab
Elf Länder profitierten laut Bundesfinanzministerium hingegen von Zahlungen aus dem Ausgleich: Berlin war im vergangenen Jahr mit rund 3,6 Milliarden Euro der größte Empfänger. Niedersachsen erhielt knapp 1,8 Milliarden Euro, Bremen etwa 890 Millionen. Auch Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bekamen Gelder.
"Der Finanzausgleich ist kein Selbstzweck, sondern soll für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen und verhindern, dass ganze Regionen abgehängt werden", teilte auch der niedersächsische Finanzminister Gerald Heere mit. Zuletzt seien die Bund-Länder-Finanzbeziehungen im Jahre 2020 neu geordnet worden. "Nachdem Bayern dem neuen Ausgleichssystem zugestimmt hatte, schert es jetzt im Nachhinein aus. Das ist das Gegenteil von Solidarität und Verlässlichkeit", kritisierte außerdem Bremens Finanzsenator Björn Fecker.
Quelle: ntv.de, als/dpa