Politik

May umreißt ihren Brexit-Plan Great Britain soll Global Britain werden

May war während ihrer Rede sehr bemüht, die enge Verbindung zu den ehemaligen EU-Partnern zu betonen.

May war während ihrer Rede sehr bemüht, die enge Verbindung zu den ehemaligen EU-Partnern zu betonen.

(Foto: REUTERS)

Großbritannien hat für den Brexit gestimmt und Premierministerin Theresa May will den "harten Brexit". In der bisher wichtigsten Rede ihrer Amtszeit nennt May Details zum EU-Austritt.

Es ist die vielleicht bisher wichtigste Rede der seit Juli amtierenden britischen Premierministerin Theresa May. An keinem Thema wird sich May in ihrer Funktion als britische Staatschefin derart messen lassen müssen, wie an den Austrittsverhandlungen aus der Europäischen Union. Erstmals umreißt May in einer Rede, wie der Brexit konkret ablaufen soll. Jenen, die sich erhofft einen "Fahrplan" zum EU-Austritt zu bekommen, erteilt sie jedoch sogar persönlich eine Absage. Viele Punkte müssten noch verhandelt werden, und es mache keinen Sinn, falsche Versprechungen zu geben.

Großbritannien ist stark, May ist entschlossen

Als May ihr Amt als Premierministerin angenommen hat, waren viele von ihrer Entschlossenheit überrascht. "Brexit heißt Brexit. Und wir machen einen Erfolg daraus", sagte sie kurz nach Amtsantritt. Inzwischen wird die 60-Jährige zauderhafter wahrgenommen. "Theresa Maybe" titelte kürzlich der "Economist".

Dieser Eindruck soll verschwinden. May bekräftigte schon vor ihrer Rede, dass es ein "harter Brexit" wird und kein Kompromiss. "Keine Teil-Mitgliedschaft in der EU, keine assoziierte Mitgliedschaft, nichts, was uns halb drinnen und halb draußen lässt. Wir wollen nicht an Teilen der Mitgliedschaft festhalten. Großbritannien verlässt die EU", stellt May klar. Die Herzen konservativer Euro-Skeptiker müssen höher schlagen.

May will nicht nur ein bisschen Brexit, sie will ganz raus aus der Zollunion und raus aus dem Binnenmarkt. Auch der Europäische Gerichtshof soll in Zukunft im Königreich nichts mehr zu sagen haben. "Wir suchen eine neue gleichberechtigte Partnerschaft – zwischen einem unabhängigen, selbstbestimmten Großbritannien und unseren Freunden und Verbündeten in der EU", sagte sie.

Wir haben die EU verlassen, wir mögen sie trotzdem noch

Mays 12-Punkteplan

1. Die Regierung will Sicherheit liefern. Die britische Regierung will während der Austrittsverhandlungen so transparent wie möglich sein.

2. May will den völligen Austritt aus der EU-Rechtsprechung.

3. May will die vier Nationen des Königreichs stärker verbinden.

4. Die bereits seit 1923 bestehende "Common Travel Area" zwischen Irland und Großbritannien soll bestehen bleiben und gepflegt werden.

5. Großbritannien soll die Zuwanderung aus der EU selbst regulieren können.

6. EU-Bürger sollen weiterhin im Vereinigten Königreich arbeiten und leben können, Briten umgekehrt frei in der EU.

7. Arbeitnehmern in Großbritannien soll das Leben erleichtert werden.

8. May kündigt an, ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU zu verhandeln.

9. Das Vereinigte Königreich soll in der Welt als globale und handelsfreudige Nation gesehen werden.

10. Für Fortschritt in der Wissenschaft, Forschung und Technologie möchte das Vereinigte Königreich besonders eng mit der EU zusammenarbeiten.

11. Mit der EU will Großbritannien weiterhin im Kampf gegen Verbrechen und Terrorismus zusammenarbeiten.

12. Diese Schritte sollen stufenweise angegangen werden.

May ist nach innen viel daran gelegen, Entschlossenheit zu demonstrieren – auch, um den Briten nach den vergangenen Monaten endliche eine feste Perspektive bieten zu können. Ein klarer Schnitt, keine Kompromisse – darauf können sich die Briten nun einrichten.

Den "Verlassenen" vom europäischen Kontinent will May eine neue Perspektive auf den "Brexit"-Prozess bieten. Das klingt fast so, als wolle Downing Number 10 der EU in Brüssel Trost zusprechen: "Unsere Entscheidung, die EU zu verlassen, war keine Absage an unsere gemeinsamen Werte. Die Entscheidung, die EU zu verlassen ist nicht Ausdruck eines Wunsches, mehr Distanz zu euch, unseren Freunden und Nachbarn, zu bekommen. Wir werden enge Freunde bleiben", sagt sie. "Wir werden die EU verlassen, aber nicht Europa."

Außerdem betont May, dass ein weiteres Erodieren der EU ausdrücklich nicht im Interesse Großbritanniens ist. "Es ist im zentralen britischen Interesse, dass die EU weiter besteht."

Global Britain statt Great Britain

May sagt, Großbritannien soll aus dem "Brexit" stärker, fairer, vereinter und mehr nach außen blickend hervorgehen, als das Land jemals war. "Ich möchte, dass wir ein sicheres, prosperierendes, tolerantes Land werden – ein Magnet für internationale Talente, die die Welt von Morgen formen. Ich möchte, dass wir ein globales Großbritannien werden, der beste Freund und Nachbar der europäischen Staaten, aber ein Land, dass über die Grenzen Europas hinausreicht", beschreibt May ihre Vorstellungen von den Auswirkungen des EU-Austritts.

Außerhalb Europas werde Großbritannien eine "große globale Handelsnation" sein, "die weltweit respektiert ist und die zuhause stark, zuversichtlich und vereint ist", sagt sie. Die Brexit-Entscheidung sei keine Entscheidung gewesen, sich nach innen zu wenden, kein Symbol für Isolation, sagt May. Großbritannien wolle vielmehr noch internationaler werden und eine Vielzahl von Freihandelsabkommen auf der ganzen Welt schließen.

Mays Rede sprüht nur so vor Optimismus und versöhnlichen Worten gegenüber den ehemaligen EU-Partnern. Dass während der Verhandlungen andere Töne angeschlagen werden könnten, davon merkt man während des Auftritts nicht viel. Nur am Ende erinnert die Premierministerin daran, dass sie auch anders könnte. Ein Journalist fragt sie, was passieren würde, wenn die EU beim Austritt aus dem gemeinsamen Binnenmarkt nicht mitspiele. May entgegnet, Großbritannien habe für den Fall die Möglichkeit, die Eigenschaften als Steuerparadies auszubauen. Ein weiterer Journalist fragt, ob dies die einzige Verhandlungswaffe sei. May entgegnet wiederum, der Begriff "Waffe" sei doch unangebracht für einen Verhandlungsprozess, bei dem beide Seiten profitieren könnten.

Quelle: ntv.de

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