Bis zu fünf Jahre hinter Gittern Gericht schickt US-russische Journalistin in U-Haft
23.10.2023, 16:04 Uhr Artikel anhören
In einem Glaskäfig sitzt Alsu Kurmasheva vor einem Gericht in Kasan. Ihr droht eine lange Haft.
(Foto: REUTERS)
Wegen eines familiären Notfalls muss eine US-russische Journalistin, die in Tschechien lebt, nach Russland reisen. Zurück kommt Alsu Kurmasheva nicht mehr - die russische Polizei nimmt sie fest, ein Gericht ordnet Untersuchungshaft für sie an. Der Journalistin droht eine lange Haft.
Nach ihrer Festnahme in der vergangenen Woche ist die US-russische Journalistin Alsu Kurmasheva in Russland in Haft genommen worden. Ein Gericht in der Stadt Kasan ordnete Untersuchungshaft für sie an. Laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen soll sie zunächst bis zum 5. Dezember im Gefängnis bleiben. Damit folgten die Richter der Argumentation der Staatsanwaltschaft, die Kurmasheva vorwirft, sich nicht als "ausländische Agentin" registriert zu haben.
Kurmasheva solle laut Anordnung des Gerichts in der zentralrussischen Stadt Kasan als "präventive Maßnahme" in Haft verbleiben, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. Sollte sie für schuldig befunden werden, drohen ihr bis zu fünf Jahre Gefängnis.
Die US-russische Journalistin arbeitet für das von den USA finanzierte Medium Radio Free Europe/Radio Liberty (RFL/RL). Dem Sender zufolge wohnt sie zusammen mit ihrem Mann und zwei jugendlichen Kindern in Prag. Kurmasheva war nach Angaben ihres Arbeitgebers wegen eines "familiären Notfalls" nach Russland gereist, am vergangenen Mittwoch wurde sie von russischen Vollzugsbehörden in Kasan festgenommen, nun kam sie in U-Haft.
Peskow: "Es gibt US-Bürger, die gegen Gesetze verstoßen"
Nach Angaben ihres Senders berichtete die Journalistin lange Zeit über Minderheiten in den russischen Republiken Tatarstan und Baschkortostan. Im vergangenen Jahr war Kurmasheva zudem Mitherausgeberin eines Buches mit dem Titel "Sag Nein zum Krieg" - eine Sammlung von Interviews und Geschichten von Russen, die sich gegen Moskaus Angriff auf die Ukraine wehren. Nach Verhängung der U-Haft forderte Kurmashevas Arbeitgeber RFL/RL die sofortige Freilassung der Journalistin. "Wir sind zutiefst enttäuscht über den Ausgang der heutigen Anhörung", sagte Senderchef Jeffrey Gedmin.
Bereits in der vergangenen Woche hatte US-Außenamtssprecher Matthew Miller erklärt, die Verhaftung Kurmashevas scheine "ein weiterer Fall von Schikanen der russischen Regierung gegenüber US-Bürgern" zu sein. Moskau wies den Vorwurf zurück. "Es gibt US-Bürger, die gegen Gesetze verstoßen, und gegen diese werden entsprechende Maßnahmen ergriffen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Auch Gershkovich bleibt in Haft
Kurmashevas Festnahme ist bereits die zweite Festnahme eines US-Medienvertreters in Russland in diesem Jahr: Im März war der "Wall Street Journal"-Reporter Evan Gershkovich wegen Spionagevorwürfen festgenommen worden. Der Reporter, seine Familie, sein Arbeitgeber und die US-Behörden weisen die Spionage-Anschuldigungen zurück. Ende August verlängerte das Gericht seine Untersuchungshaft bis zum 30. November.
Russland hat die Bezeichnung "ausländischer Agent" in den vergangenen zehn Jahren verstärkt gegen unabhängige Nachrichtenagenturen und Journalisten eingesetzt. Wer als "ausländischer Agent" gilt, muss sich registrieren und dem russischen Justizministerium Finanzberichte vorlegen. Bei Nichteinhaltung dieser Regeln drohen Geld- und Haftstrafen. Menschenrechtsorganisation bezeichneten die Verhaftung Kurmashevas als "alarmierende Eskalation" in Russlands Vorgehen gegen unabhängige Medien.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP