Seit November 2023 in Haft Deutscher in Belarus zum Tode verurteilt
19.07.2024, 18:41 Uhr Artikel anhören
Blick auf das Fenster einer Hafteinrichtung in Minsk (Archivfoto).
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Während eines Geheimprozesses soll ein Deutscher in Belarus zum Tode durch Erschießen verurteilt worden sein. Dem 30-Jährigen wird laut einer Menschenrechtsorganisation "Terrorismus" und "Söldnertum" vorgeworfen. Das Auswärtige Amt in Berlin setzt sich für den Mann ein. Belarus schweigt zu dem Fall.
In der Ex-Sowjetrepublik Belarus ist nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation ein deutscher Staatsbürger zum Tode verurteilt worden. Wie unter anderem die belarussische Organisation Wjasna mitteilte, wurde der 30-Jährige bereits vor einem Monat in einem Geheimprozess wegen sechs Straftatbeständen für schuldig befunden. Zuvor sei er wegen Söldnertums, Spionage, Terrorismus, Schaffung einer extremistischen Vereinigung, Zerstörung eines Verkehrsobjekts und illegalem Umgang mit Waffen, Sprengstoff und Munition angeklagt worden.
Die Verurteilung hängt den Angaben zufolge mit dem Kastus-Kalinouski-Regiment zusammen, einem militärischen Verband aus belarussischen Bürgern, die an der Seite der Ukraine gegen Russland kämpfen. Offiziell haben die Behörden in Minsk die Verurteilung nicht bekannt gegeben.
Der Mann soll Wjasna zufolge zudem angeklagt worden sein, "Explosionen" in Belarus organisiert zu haben. Welche Explosion dem Mann zur Last gelegt wird, sei jedoch unklar. Der Mann sei seit November 2023 in Haft gewesen. Bei dem Verurteilten soll es sich um Rico Krieger handeln, schreibt Wjasna auf X. Demnach ist er in Berlin geboren und ehemaliger Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes. Er sei Rettungssanitäter und habe ein minderjähriges Kind zu Hause, heißt es dort.
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, der Fall sei dem Ministerium bekannt. Das Auswärtige Amt und die Botschaft in Minsk betreuten den Betroffenen konsularisch und setzten sich intensiv gegenüber den belarussischen Behörden für ihn ein. Die Todesstrafe sei eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die Deutschland unter allen Umständen ablehne.
DRK bezieht Stellung zum Mitarbeiter
Bevor Krieger in den Gesundheitsbereich gewechselt sei, habe er eine kurze Zeit als Sicherheitsmann an der US-Botschaft in Berlin gearbeitet, schreibt die Menschenrechtsorganisation weiter auf ihrer Website. Der Deutsche sei nun zur Hinrichtung durch Erschießen verurteilt worden, heißt es dort mit Verweis auf den Telegram-Kanal MotolkoPomogi.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) erklärte auf Anfrage, der betreffende Mann habe früher für das DRK gearbeitet. Sein Aufenthalt im Ausland stehe aber in keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit beim DRK. Als das Rote Kreuz von seiner Verhaftung unterrichtet worden sei, habe es im Rahmen seiner Möglichkeiten alles getan, was es habe tun können.
Dies sei der erste Prozess in Belarus wegen "Söldnertum", merkt Wjasna an. Es sei nicht bekannt, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde und ob es rechtskräftig geworden ist, erklärt die Menschenrechtsorganisation. Wjasna ist international sehr angesehen, ihr Gründer Ales Bjaljazki war 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
Belarus mit Todesstrafe allein in Europa
Belarus ist das einzige europäische Land, in dem die Todesstrafe noch verhängt und vollstreckt wird - ausschließlich gegen Männer. Die Verurteilten werden mit Schusswaffen hingerichtet. Die Daten der Hinrichtungen werden nicht veröffentlicht, die Leichname der Hingerichteten werden ihren Familien nicht übergeben. Diese werden auch nicht über den Begräbnisort informiert.
Der autoritäre Präsident Alexander Lukaschenko unterhält enge Beziehungen mit Russland und gestattete Moskau, sein Land als Aufmarschgebiet für die russische Invasion in die Ukraine im Februar 2022 zu nutzen. In Belarus sind taktische russische Nuklearwaffen stationiert, außerdem russische Raketen und Soldaten. Belarussische Soldaten haben sich an dem Feldzug aber bislang nicht beteiligt.
Quelle: ntv.de, gut/AFP/AP/dpa/rts