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Die böse Wahrheit dahinter Der 18-Prozent-Unsinn mit dem "equal pay day"

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Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent gibt es nicht.

Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent gibt es nicht.

(Foto: Christophe Gateau/dpa/Archivbild)

Nichts gegen politisches Getrommel, das ist in Ordnung und gehört dazu. Nicht in Ordnung sind aber Taschenspieler-Tricks, die das Publikum für dumm verkaufen wollen. Leider ist der "equal pay day" so ein inszenierter Trick – und vor allem die Gewerkschaften sollten sich lieber an die eigene Nase fassen.

Heute, am 6. März, sind 18 Prozent des laufenden Jahres 2024 abgelaufen. Und weil der Unterschied zwischen dem Durchschnittslohn für Männer und für Frauen angeblich genauso groß ist, nämlich 18 Prozent, machen Politiker und Gewerkschafter einen Kampftag daraus. Heute ist "equal pay day". Ein Witz.

Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent, also 18 Prozent Geschlechter-Unterschied beim Bruttostundenlohn 2023 - also kein gleicher Lohn für gleiche Arbeit in Deutschland? Auf den ersten Blick sieht es so aus. Aber wirklich nur auf den ersten Blick.

Denn bei der Berechnung des durchschnittlichen Bruttostundenlohns wird zusammengerechnet, was nicht zusammengehört. Den weiblichen Durchschnitt drückt zum Beispiel die Berufswahl, bei der Frauen häufiger soziale Berufe ergreifen als Männer. In Sozialberufen sind die Gehälter für (alle!) Beschäftigten allerdings niedriger als in sogenannten "Männerberufen" in der Industrie. Auch arbeiten wesentlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit oder in Mini- und ähnlichen Jobs. Männer wiederum sind nach längeren Karrierewegen häufiger in den oberen Firmenetagen zu finden als Frauen. Auch das drückt in der Berechnung den Durchschnittslohn der Frauen und hebt den der Männer.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Klar: Die gegenwärtige Rollen- und Berufsverteilung in der Gesellschaft kann man ungerecht finden. Aber über gleichen Lohn für gleiche Arbeit - und darum geht es ja - sagt das alles so gut wie nichts. Deshalb rechnen die Statistiker die genannten Faktoren aus dem Gehaltsunterschied heraus. Und heraus kommt dann das "bereinigte Gender Pay Gap". Das bereinigte Gender Pay Gap ist so noch maximal 6 Prozent groß. Wahrscheinlich eher kleiner.

"Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stünden, etwa Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen", schreiben die Statistiker selbst. Wären Politiker und Gewerkschafts-Funktionäre also ehrlich mit dem "equal pay day", dann müssten sie ihn nach maximal 6 Prozent des Jahres begehen, das wäre dann Mitte Januar. Aber das sieht natürlich nicht so imposant aus.

Und noch etwas müssen sich vor allem die Gewerkschaften (und Unternehmensverbände) vorhalten lassen: Schuld an der realen Entgeltlücke sind nämlich auch Tarifverträge, die für Millionen Frauen und Männer zwar gleichen Lohn für gleiche Arbeit festschreiben. Aber den Lohn an die Zahl der Dienstjahre koppeln.

Wenn eine Frau also nach einigen Jahren Kinderpause zurück in den Job kommt, kriegt sie weniger als der Mann, der in derselben Zeit in der Firma war, ihr am Schreibtisch gegenübersitzt und dieselbe Arbeit tut. Warum? Weil der Mann mehr Dienstjahre hat. Er hat sich seinen Gehaltsvorsprung auf die Frauen über die Zeit einfach ersessen. Das ist wirklich ungerecht - aber es liegt weniger am Geschlecht als an unfairen Tarifverträgen. Dagegen könnten die DGB-Chefin, Verdi oder die Lokführer durchaus einmal streiken. Tun sie aber leider nicht.

Quelle: ntv.de

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