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Gewalt in Flüchtlingsheimen Lasst endlich den dumpfen Alarmismus

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(Foto: REUTERS)

Städtebund und Polizeigewerkschaft klagen über Gewalt in Flüchtlingsunterkünften. Sie wollen Asylbewerbern möglichst schnell die deutschen Spielregeln näherbringen. Wann hören diese blödsinnigen Vorstöße bloß auf?

Flüchtlinge müssen die deutschen Spielregeln lernen, sobald sie das Land betreten. Das behauptet Gerd Landsberg, Haupgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. "Das ist nicht damit getan, dass wir ihnen das Grundgesetz in die Hand drücken", sagt er bei der Präsentation eines gemeinsamen Positionspapiers von Städebund und Polizeigewerkschaft. Landsberg plädiert dafür, Flüchtlingen Werte weniger abstrakt als im Grundgesetz verständlich zu machen. Zum Beispiel Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und dass man in Deutschland Auseinandersetzungen nicht mit Gewalt löst. Geht's noch?

Landsberg ist nicht der erste, der sich so äußert. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt unterstützt ihn. Von diversen CSU-Größen, über Innenminister de Maizière, bis hin zur Kanzlerin ist es vor allem in der Union beliebt, Flüchtlinge auf deutsche Sitten aufmerksam zu machen.

Doch was Landsberg, Wendt und die anderen da sagen, ist in etwa so, als würde ein Hausbesitzer einen Besucher darum bitten, möglichst nicht auf den Teppich zu pinkeln, weil das in seinem Hause nicht üblich ist.

Für Menschen aus Syrien ist es nichts Neues, dass man Auseinandersetzungen nicht mit Gewalt lösen soll. Menschen aus Syrien sind vor allem aus einem Grund in Deutschland: Weil sie vor vier Jahren für Meinungsfreiheit auf die Straße gegangen sind. Auch für die Bewohner Massawas oder Timbuktus sind das keine unbekannten Werte. Die Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens sind keine deutsche Errungenschaft.

Billiger geht's nicht

Natürlich darf man nicht verschweigen, dass es in Flüchtlingsunterkünften zu Gewalt gekommen ist. Nur liegt das erstens daran, dass es überall auf der Welt Menschen gibt, die sich nicht an Spielregeln halten. Es sind Einzelfälle. Entsprechend muss man mit dem Phänomen umgehen. Landsberg und Co. fordern ja auch keine Erziehungsmaßnahmen für alle Deutschen, weil sich Hooligans bei Fußballspielen prügeln. Zweitens kommt es in Flüchtlingsunterkünften vor allem zu Gewalt, weil diese derzeit unerträglich überfüllt sind, und die Zustände dort Menschen an ihre Grenzen treiben. In Asylbewerberheimen eine Trennung nach Religions- oder Konfessionszugehörigkeit vorzunehmen, wie es die Polizeigewerkschaft fordert, ist deshalb genauso stumpf wie die Forderung nach einem basalen Flüchtlings-Knigge.

Besonders tragisch an derartigen Äußerungen und Forderungen ist: Die Leute, die sie aussprechen, wissen, dass sich die meisten Flüchtlinge nach Frieden sehnen. Landsberg und Wendt sagen das ausdrücklich - aber erst auf Nachfrage. In der gemeinsamen Presseerklärung zu ihrem Positionspapier steht kein Wort davon. Dafür die Sätze: "Für diejenigen, die trotz eindeutiger Aufklärung nicht bereit sind, sich rechtstreu und gewaltfrei zu verhalten, sollte die Prüfung von Asylbegehren unter Ausschluss weiterer Rechtswege im Eilverfahren erfolgen. Nach negativem Bescheid muss die sofortige Abschiebung erfolgen." Billiger geht's nicht.

Quelle: ntv.de

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