Person der Woche

Person der Woche Wem die Stunde schlägt - Tim Cook

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Tim Cook bei der Präsentation der Apple-Uhr.

Tim Cook bei der Präsentation der Apple-Uhr.

(Foto: AP)

Apple läuft glänzend, doch der Konzernchef Tim Cook steht immer noch im Schatten von Steve Jobs. Sein Outing und die neue Apple-Uhr sollen sein persönlicher Durchbruch werden.

Alabama besteht zu 50 Prozent aus Kiefer- und Laubwäldern, es ist das "Heart of Dixie" (Herz des Südens), konservativ, schwül, religiös. Alabama hat jede Menge Pickups, Baumwollplantagen sowie ein erfolgreiches Mercedes-Werk. Und einen Sohn des Staates, der mit Apple das wertvollste Unternehmen der Welt führt: Timothy Donald Cook, Rufname Tim Cook, wurde am 1. November 1960 in Alabama geboren. Sein Vater war Vorarbeiter in einer Werft, seine Mutter arbeitete als Apothekengehilfin. Tim war der zweite von drei Söhnen, er studierte an der staatlichen Auburn University in Alabama und startete aus kleinen Verhältnissen der tiefsten Provinz kommend eine Weltkarriere, die ihn von IBM über Compaq bis an die Spitze Apples brachte. Heute ist er so erfolgreich und begehrt, dass im Rahmen einer Charity-Auktion ein halbstündiges Gespräch mit Tim Cook für 610.000 Dollar versteigert worden ist.

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An Alabama hängt er immer noch und so hat er gerne angenommen, als sein Heimatstaat ihm kürzlich die höchste Ehre antrug, ihn in die Alabama Academy of Honor zu berufen. Doch was eine feierliche Ehrung werden sollte, geriet zum Eklat. Denn Tim Cook nutzte seine Dankesrede für eine Anklage und Abrechnung: Im Kapitol der Landeshauptstadt Montgomery beschimpfte er Alabama für seine Unterdrückung von Minderheiten - der Schwarzen und der Schwulen. Es sei unerträglich, dass Homosexualität dort immer noch als Kündigungsgrund gelte. Zeitgleich legte Cook in einem Artikel für das Wirtschaftsmagazin "Bloomberg Business-Week" nach und outete sich offiziell als Homosexueller: "Ich bin stolz darauf, schwul zu sein".

Wowereit des globalen Kapitalismus

Tim Cook ist seither eine Art Klaus Wowereit des globalen Kapitalismus. Die US-amerikanische Schwulenzeitschrift "Out" kürte ihn zum mächtigsten Homosexuellen der USA, die "Columbia Journalism Review" rief ihn gar zum "mächtigsten Schwulen der Welt" aus. Cook bekam für sein ungewöhnliches Outing Applaus von vielen Seiten. Selbst von Konkurrenten: "Danke, Tim, dass du gezeigt hast, was es heißt, ein echter, mutiger und authentischer Anführer zu sein", schrieb Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

Tatsächlich ist Cook der erste US-Konzernchef, der sich offensiv als Homosexueller bekennt und damit auch ein Tabubrecher ist. Er ist sich dieser Rolle bewusst, für manchen Kritiker aber auch zu bewusst. Es sei selbstverliebt, wenn ein Oberkapitalist und PR-Profi sich mit dem schwarzen Bürgerrechtshelden Martin Luther King vergleiche und ihn zitiere: "Die hartnäckigste und dringendste Frage des Lebens lautet: Was tust du für andere?" Er hoffe, dass sein Coming-out "jemanden, der damit ringt, helfen" könne. Und - um das Ganze auch noch religiös zu überhöhen - weiter: "Ich denke, dass Schwulsein eines der größten Geschenke ist, die mir Gott gegeben hat". Die "Neue Zürcher Zeitung" veranlasste das zu einem giftigen Kommentar: "Es ist erstens ein Missbrauch von Macht und zeugt zweitens von Arroganz." In seiner sexuellen Orientierung einen Grund zu sehen, stolz zu sein, "tönt überheblich".

Für Cook sind diese Monate jedoch auch in anderer Hinsicht ein Wendepunkt seines Lebens. Zwar leitet er den Apple-Konzern seit 2011 mit gewaltigen Rekordergebnissen. Doch ist er im öffentlichen Bewusstsein nie aus dem Schatten der Apple-Legende Steve Jobs herausgetreten. Bis heute zweifeln Analysten und Kritiker, ob Cook den Konzern ähnlich erfolgreich wie seinerzeit Jobs in die Zukunft führen könne. Vielmehr lebe Apple immer noch von den großen Steve-Jobs-Innovationen und habe seit Jahren keinen spektakulären Fortschritt mehr erzielt. Die Konkurrenz hole hingegen zusehends auf, Apple müsse aufpassen, dass es nicht zu einem Nokia der nächsten Generation werde.

Vieles hängt am iPhone

Tatsächlich hängt ein Großteil der Umsätze an einem einzigen Produkt, dem mittlerweile 700 Millionen Mal verkauften iPhone. Apple ist - so kritisiert die Wall Street - zu einem "One-trick-Pony" geworden, alles hänge von einem einzigen Produkt ab. Cooks Gefolgsleute kontern die lauter werdende Kritik, dass Apple seine Kapitalkraft gewaltig gesteigert habe und in der Ära Cook durchaus Neues gelungen sein: das iPad mini, iOS7, ein stark überarbeitetes Mac Pro und das iPhone 6. Klingt aber tatsächlich nur nach Weiterdrehen.

Um die Zweifel auszuräumen, holt Cook nun aber zum großen Schlag aus. Er stellt die neue "Apple Watch" vor, die endlich einmal wieder das Zeug zu einer Basisinnovation haben soll.

Die Apple-Uhr ist tatsächlich ein Wunder moderner Informationstechnik, sie definiert die Kategorie der "Wearables", tragbarer Multifunktions-Computer. Mit der Uhr kann man telefonieren, Musik hören, seinen Puls messen, Apps nutzen, im Flugzeug einchecken, ja sie sogar in Hotels oder vor der Garagentür als Türöffner verwenden. Es wird sie als Sport-Modell (für runde 350 Euro), als Managermodell (für rund 1000 Euro) oder als Luxuswahnsinn aus Gold für mehr als 11.000 Euro zu kaufen geben.

Die Rezensenten schwanken zwischen völliger Begeisterung, zweifelnder Kritik und allerlei Detailmäkeleien. Für Apple wird die Uhr zum großen Prüfstein seiner Zukunftsfähigkeit, entweder zu einem neuen, globalen Symbolgut oder zu einem historischen Flop. Kurzum: Tim Cook ist mit der Uhr am "defining moment" seiner Karriere angelangt. Scheitert die Uhr am Markt, dann verliert Cook den Apple-Siegernimbus und seine persönliche Manager-Autoriät. Er wäre dann der Mann, mit dem Apple seinen Zenit überschritten hätte. Wird die Uhr aber ein Durchbruch wie einst das i-Phone, dann ist Tim Cook auf dem Weg zum neuen Steve Jobs - nur eben offensiv schwul und aus Alabama stammend.

Quelle: ntv.de

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