Pressestimmen

Dobrindts Maut-Konzept "Eine dumme Infrastrukturabgabe"

Pressestimmen.jpg

Nach langem Ringen zwischen den Unionsparteien stellt Alexander Dobrindt seinen Gesetzesentwurf zur Pkw-Maut vor. Nach den Plänen des Bundesverkehrsministers sollen Ausländer künftig auf Autobahnen und Bundesstraßen zur Kasse gebeten werden. Im Streit um die Grenzregionen lenkt der Bundesverkehrsminister ein. Das Mautnetz soll nur aus Autobahnen und Bundesstraßen bestehen. Aus der Presse hagelt es heftige Kritik.

"Man könnte eigentlich darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre", schreibt die Heilbronner Stimme. Die Zeitung lässt kein gutes Blatt an dem Entwurf des Bundesverkehrsministers:  "Was jetzt dabei herausgekommen ist, ist an Konzeptlosigkeit kaum zu überbieten. Alleine die Tatsache, dass die Maut für deutsche Autofahrer auf Autobahnen und Bundesstraßen gelten soll, für ausländische Autofahrer aber nur auf Autobahnen, verstößt so offensichtlich gegen das Diskriminierungsverbot der EU, dass darüber in Brüssel nicht einmal diskutiert werden dürfte."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung übt ebenfalls harte Kritik: "Auch wenn die Maut nicht als klebriges Stück Pappe für die Windschutzscheibe daherkommt, sondern elektronisch abkassiert wird, bleibt es dabei: das ist eine dumme Infrastrukturabgabe." Das Verkehrsaufkommen werde nicht gesteuert, so die Zeitung weiter: "Die Abgabe ist unabhängig von den gefahrenen Kilometern, sie hilft nicht, den Verkehrsfluss zu steuern, beispielsweise indem die Höhe nach Stoßzeiten gestaffelt wird." Nicht, dass die deutschen Autofahrer später stärker belastet werden könnten sei das Problem: "Es ist deswegen nicht gut, weil es ein auf Missgunst bauendes Modell ist, in dem das Verhältnis von Aufwand und Ertrag einfach nicht stimmt."

Das Konzept des Bundesverkehrsministers stößt auch beim Handelsblatt auf Vorbehalte: "Natürlich ging es der CSU im Wahlkampf nicht darum, für eine neue Form der Verkehrsfinanzierung zu werben. Leider hat sich das auch in der Regierungsverantwortung nicht geändert. Also dürfen die Autofahrer weiter auf ein durchdachtes Zukunftskonzept zur Finanzierung der Infrastruktur warten - und müssen so lange für ein Stückwerk bezahlen, an dem sich Freund und Feind verkämpfen, anstatt die wirklich wichtigen Fragen im Verkehrssektor zu beantworten."

"Nur weil das Maut-Konzept womöglich funktioniert, ist es noch lange nicht sinnvoll", kommentiert die Süddeutsche Zeitung. Es gäbe viele, deutlich intelligentere Modelle: "Modelle, die eine verkehrslenkende Wirkung hätten; die Vielfahrer stärker belasten würden als Wenigfahrer; die das Benutzen der Straßen zu Stoßzeiten teurer machten als zu anderen Zeiten." Mit dem Maut-Konzept Dobrindts würden diese Chancen nun auf Jahre hinaus vertan, so das Blatt weiter. Schon die Motivation hinter dem Gesetzesvorhaben sei falsch: "Weil Deutsche im Ausland Maut zahlen müssen, sollen endlich auch Ausländer in Deutschland zur Kasse gebeten werden. Was für ein gigantischer Aufwand - für ein derart erbärmliches Ziel!"

Der Tagesspiegel befürwortet zwar generell eine Einführung von Straßengebühren, wertet Dobrindts Maut-Konzept aber als vergebene Chance: "Von den Autofahrern einen höheren Beitrag für die Benutzung der Straßen zu fordern, ist nicht einmal falsch. Es stimmt ja, die Infrastruktur kann ein paar Extra-Milliarden gut gebrauchen. Dem steht aber das Dogma der Union entgegen, die Steuern nicht zu erhöhen - und das Verbot im Grundgesetz, mehr Schulden aufzunehmen." Eine allgemeine Maut sei eventuell gerechter als eine Steuererhöhung, so die Zeitung: "Dann würden nicht nur Kilometerfresser mehr bezahlen als Sonntagsfahrer. Auch eine stärkere Lenkung des Verkehrs wäre denkbar. Das wäre moderne Verkehrspolitik, denn es würde Staus vermeiden helfen und dem Klima nützen. Die EU-Kommission hat so etwas längst vorgeschlagen, als Projekt für Europa. Es würde den Kontinent voranbringen, politisch wie wirtschaftlich. Der Verkehrsminister und auch seine Kanzlerin wählen aber lieber das kleine Karo. Und vergeben damit eine große Chance."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen