Rücktritt von Fifa-Chef Blatter "Es macht Hoffnung"
02.06.2015, 21:26 Uhr
Nun hat er es doch getan: Joseph Blatter tritt als Chef der Fifa zurück. Korruptionsskandale und Festnahmen ranghoher Funktionäre erschüttern derzeit den Weltfußballverband. Dennoch ließ sich Blatter als Machtdemonstration erneut zum Präsidenten wählen. Jetzt die Kehrtwende drei Tage nach seiner Wiederwahl. Der Druck von außen scheint zu groß, der Imageverlust der Fifa ist immens. Blatters Beteuerungen, er haben nichts mit dem Korruptionsskandal zu tun, sind unglaubwürdig, vor allem nach dem bekanntwurde, dass sein Generalsekretär Jerome Valcke Millionen-Überweisungen an den geschassten Ex-Vizepräsidenten Jack Warner getätigt haben soll. Die Schlinge um Blatter wurde scheinbar so eng, dass er jetzt die Reißleine zieht. Die Presse sieht in Blatters Rücktritt ein positives Zeichen und rechnet mit dem umstrittenen Sportfunktionär ab.
"Es macht Hoffnung, dass das System Blatter - Schmiergeld, Seilschaften, Geldscheffelei, und dann erst der Sport - wohl gescheitert ist", schreibt die Thüringische Landeszeitung. Es sei zwar richtig, dass Problem der Fifa in ihrem System liege, wie Franz Beckenbauer kommentiert. "Das ist richtig, aber es ist eben das System Blatter", urteilt das Blatt. Interessant sei es jetzt zu schauen, was mit dem IOC geschehen, denn das System Blatter sei dem des Internationalen Olympischen Komitees nämlich nicht unähnlich.
Die Bild-Zeitung spricht von einem Rücktritt, auf den die Fußballwelt gewartet hat. "Sepp Blatter ist weg! Nach 17 Jahren als Fifa-Präsident - und nur vier Tage, nachdem er zum fünften Mal in dieses Amt gewählt worden war. Es hat lange gedauert, bis Sepp Blatter eingesehen hat, dass er nicht mehr der Richtige für den Posten des Fifa-Präsidenten ist. Aber besser spät als nie! Es verdient Respekt, dass er jetzt Verantwortung übernimmt für die schmutzigen Geschäfte in seinem Laden." Die Fifa dürfe jetzt aber nichts überstürzen, zunächst müssten Vertrauen und Glaubwürdigkeit wiederhergestellt werden. "Transparenz und Gerechtigkeit bei Turnier-Vergaben, Geschäften und Gehältern steht über allem. Hoffentlich wird die Chance auf den Neuanfang genutzt."
"Der König ist tot, es lebe der König?", heißt es beim Trierischen Volksfreund. Die Zeitung attestiert Blatter, mit dem angekündigten Rücktritt die beste Tat der vergangenen Jahre getan zu haben. "Er eröffnet der Fifa endlich die Möglichkeit, in ihrem korrupten Verband aufzuräumen. Unter dem Deckmantel der Demokratie, die alle 209 Fifa-Mitglieder gleichstellt, sind über Jahre hinweg Entscheidungen ge- und verkauft worden. Bei der Aufarbeitung wird noch so manche Lichtgestalt straucheln und hoffentlich Fairplay einziehen."
"Warum gerade jetzt, was steckt dahinter?", fragt sich die Öffentlichkeit und die Magdeburger Volksstimme. "Dass Blatter angesichts der jüngsten Enthüllungen und Festnahmen hochrangiger Funktionäre Einsicht zeigt, kann getrost ausgeschlossen werden", schlussfolgert die Zeitung. "Über Jahrzehnte hat der Schweizer mit einer nie dagewesenen Arroganz und Dreistigkeit alle Skandale ausgesessen und sämtliche berechtigte Kritik an sich und dem Verband abprallen lassen. Vielleicht befürchtete er, dass das 'System Blatter' in absehbarer Zeit doch zusammenbrechen könnte. Dann lieber ein letztes Mal die große Bühne genießen und freiwillig gehen. Eine drohende Abwahl wäre für den Machtmenschen Blatter vermutlich undenkbar gewesen."
Zum Abschluss der kurzen Presseschau soll die Nürnberger Zeitung zu Wort kommen, die einen Blick nach vorne wirft und Fragen aufwirft über die Zukunft der in Verruf geratenen Organisation. "Ob mit der Person Blatter auch das System Blatter von der Bildfläche verschwindet, oder ob die WM-Standorte Russland und Katar in der Post-Blatter-Ära gekippt werden? Das Spiel ist aus. Doch was hat diesen überraschenden Schlusspfiff ausgelöst? Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich auszumalen, dass FBI und US-Justiz noch weitere Patronen größeren Kalibers im Holster stecken haben. Dass zudem die Sponsoren Blatter die Pistole auf die Brust setzten, gilt als sicher."
Quelle: ntv.de, ppo/dpa