Rentner bekommen 2016 mehr Geld "Großwetterlage liefert nur Zwischenhoch"
28.10.2015, 20:16 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Rund 20 Millionen Rentner und Rentnerinnen dürfen sich im kommenden Jahr über einen Anstieg der Rente freuen. Die frohe Botschaft überbrachte der Vorsitzende der Deutschen Rentenversicherung Bund, Alexander Gunkel, und sprach von der "größte Rentenanpassung seit der Jahrhundertwende". Die Kommentare der morgigen Tageszeitungen greifen das Thema auf und reagieren nüchtern bis kritisch.
Pragmatisch hält es der Trierische Volksfreund und schreibt: "Grundsätzlich hat die Rentenanpassung mit der Entwicklung der Löhne zu tun. Und die haben ordentlich zugelegt. Vor diesem Hintergrund ist es nur logisch, dass auch die Ruheständler an der guten wirtschaftlichen Entwicklung im Land teilhaben. Schließlich mussten sie in der Vergangenheit auch ökonomische Flauten mit gleich drei Nullrunden in Folge 'bezahlen'."
Auch die Kommentatoren der Westfälischen Nachrichten aus Münster verfallen nicht in Jubelstimmung, sondern mahnen zu langfristigem Denken und konstatieren: "Keine Frage - Bilanz und Prognose der Deutschen Rentenversicherung erscheinen im Hochglanzformat. Rücklage auf Rekordhöhe, Rentenerhöhung auf Rekordhöhe, stabile Beiträge trotz milliardenschwerer Wahlgeschenke der großen Berliner Wohlfühl-Koalition. Also alles in Butter - für Ruheständler, die sich im Schnitt auf rund 57 Euro mehr im Monat freuen dürfen? In spätestens fünf Jahren dürfte das Angesparte verfrühstückt sein. Dann geht es wieder darum, in der Rentenkasse Liquidität zu sichern. Die Großwetterlage liefert also nur ein Zwischenhoch."
Die Mitteldeutsche Zeitung prognostiziert den guten Zahlen zum Trotz langfristig eine negative Tendenz und urteilt: "Der Schein trügt. Ja, es stimmt, die gute Konjunktur und die entspannte Lage am Arbeitsmarkt haben der Rentenkasse geholfen. Aber ansonsten schlagen sich in der Momentaufnahme viele Sondereinflüsse nieder: eine ausgesetzte Beitragssenkung 2014, eine zu niedrige Entlastung der Arbeitnehmer 2015, die Kompensation eines negativen Statistikeffekts. Wer wissen will, wie die Lage tatsächlich ist, der muss nur das Finanztableau fürs nächste Jahrzehnt anschauen: Schon 2021 sind die Reserven fast aufgebraucht. Von da an klettert der Beitragssatz in Richtung 22 Prozent. Dann rächen sich die Wahlgeschenke der Großen Koalition: Neun Milliarden Euro kosten Rente mit 63 und Mütterrente Jahr für Jahr. Unsere Kinder dürfen dafür zahlen."
Die Leipziger Volkszeitung blickt angesichts vergangenen Rentenentwicklungen mit freudigem Blick auf die aktuellen Zahlen, ohne dabei die langfristige Perspektive aus dem Blick zu verlieren: "Die Rentner haben Grund, sich über das in Aussicht stehende dicke Plus für 2016 zu freuen. Nach Null- und Minirunden ist dieser Zuwachs im Portemonnaie für die Senioren auch höchst angemessen. Und da aller Voraussicht nach die Zulage im Osten erneut größer ausfällt als im Westen, kommt erfreulicherweise die Ost-West-Angleichung wieder ein Stück voran. Dieser kräftige Zuschlag aus der Rentenkasse dürfte für längere Zeit eine Ausnahme bleiben. Die demografische Entwicklung bremst die Füllhöhe des Rentensäckels. Das Problem, dass immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Renten erwirtschaften müssen, bleibt eine ungelöste Aufgabe der Politik. Das Rentenniveau wird weiter sinken, die Gefahr der Altersarmut wird zwar beklagt, aber nicht gebannt. Und wie sicher die Altersbezüge für die jüngere Generation sind, steht eh in den Sternen."
Anders argumentiert der Mannheimer Morgen und widmet seine Aufmerksamkeit dem Potential, welches die Zuwanderung für die Rentenkassen haben kann: "Kein Wunder, dass sich die Rentenexperten darüber freuen, dass in Deutschland seit drei Jahren die Nettozuwanderung wieder steigt. Pro Jahr ein Plus von 500.000, das wirkt sich natürlich positiv auf die Rentenkasse aus. Bisher ist man davon ausgegangen, dass die Zuwanderung wieder sinkt, doch der hohe Zustrom von Bürgerkriegsflüchtlingen dürfte so schnell nicht wieder abebben. Es werden weiter viele junge Menschen nach Deutschland kommen. Für die Rente wäre das ein Segen: Denn die Babyboomer, die in den 2020er Jahren in Rente gehen, haben zu wenige Kinder in die Welt gesetzt."
Zusammengestellt von Anne Pollmann
Quelle: ntv.de