Pressestimmen

Pegida-Demo in Dresden "Schande, dass es so weit gekommen ist"

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Erneut folgen Tausende Menschen in Dresden dem Ruf der "Pegida"-Organisatoren. Über 17.000 treffen sich zum gemeinschaftlichen Weihnachtssingen vor der Semperoper. Doch auch die Gegendemonstrationen verzeichnen Zuwachs. Die Presse diskutiert über hilflose Politiker, die Bedeutung von Zuwanderung und Weihnachten.

Wer in diesen Tagen von Weihnachten spreche, der müsse leider auch von "Pegida" reden, kommentiert die Frankfurter Rundschau: "So weit haben es die Krakeeler gebracht, die von sich behaupten, sie seien das Volk. Weil in Dresden etliche Tausend gegen den Islam und eine angebliche 'Überfremdung' demonstrieren, meinen viele, hier äußere sich eine Stimmung, auf die inhaltlich reagiert werden müsse. Sie sollten besser auf den Bundespräsidenten hören, der betont: 'Ängste ernst zu nehmen, heißt nicht, ihnen zu folgen.' Dabei reagieren die Deutschen seit Jahr und Tag. Engagieren sich in der Flüchtlingshilfe, in der Kirchengemeinde, die Asylbewerber unterstützt. Gingen all diese Helfer auf die Straße, wäre von den Krakeelern nichts mehr zu hören. Sehr viele von ihnen streichen ihr Engagement nicht heraus, weil sie es als selbstverständlich ansehen. Sie sind das Volk."

Auch die Ludwigsburger Kreiszeitung beschreibt die "Pegida"-Demonstranten in Dresden als Minderheit, der man nicht hinterherlaufen dürfe: "Die Pegida-Organisatoren verweigern jeden Dialog. Sie ahnen wahrscheinlich, dass sie keine gute Figur machen würden. Sie und ihre Anhänger wollen sich nicht als Rechtsextremisten verunglimpfen lassen und verlangen Differenzierung, viele scheren selbst jedoch gern alles über einen Kamm: Ausländer sind kriminell und verkaufen Drogen, Muslime wollen die Scharia und die Medien sind sowieso die Lügenpresse. Die Welt kann ja so einfach sein. Es ist kein Fehler, wenn die Politik Pegida zum Anlass nimmt, zu hinterfragen, wie Entscheidungen und Zusammenhänge künftig besser kommuniziert werden können und wie Ängsten frühzeitig zu begegnen ist. Sie sollte den Pegida-Empörten jedoch nicht nachlaufen, die, da sollte sich niemand von gut 17.000 Protestlern in Dresden täuschen lassen, eine kleine Minderheit sind - und gewiss nicht das Volk."

Die Landeszeitung betont den Widerstand gegen die Demonstrationen der "Pegida": "Es ist ermutigend, dass Tausende Menschen in Dresden oder München auf die Straße gehen, um gegen die Anti-islamische 'Pegida'-Bewegung zu demonstrieren. Eine Schande ist, dass es so weit gekommen ist." Der große Zulauf zu den selbst ernannten Patrioten hätte, so die Zeitung weiter, weniger mit Fremdenfeindlichkeit als mit Verlustängsten zu tun: "Die gefühlte Ungerechtigkeit im Land ist schon lange viel zu groß, die tatsächliche Ungleichverteilung immer größer geworden. Die Regierungen haben wenig bis nichts getan, um Abhilfe zu schaffen. Wenn dann auch noch die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge sichtbar zunimmt, droht ein an sich sozialer Konflikt mit einem kulturellen zu verschmelzen. Eine gefährliche Mischung, die immer schwerer zu trennen ist, je länger Politiker hilflos dem Treiben zuschauen."

Für die Nürnberger Nachrichten haben die "Pegida"-Versammlungen nur wenig mit sozialer Ungerechtigkeit zu tun: "Die Tonlage ist häufig gereizt in einem Land, dem es im Großen und Ganzen besser geht als vielen anderen. Gewiss: Es gibt Ungerechtigkeiten, soziale Schieflagen auch durch eine unausgewogene Politik, gegen die sich zu protestieren lohnte. Aber darum geht es etwa bei Pegida kaum, sondern eher um Vorurteile und Aversionen, um Emotionen statt Fakten. Weihnachten und die Tage zwischen den Jahren bieten Zeit, auf seinen inneren Frieden zu achten und zu sich selbst zu finden. Weihnachten, das ist das Fest vom Ende der Flucht - auch und hoffentlich vom Ende der Flucht vor sich selbst, auf der manche sind. Es ist das Fest vom Ankommen, vom Advent. Ein frohes, friedliches Fest, hoffentlich."

"Wenn es den 'Pegida'-Demonstranten wirklich um das Wohl des Volkes geht, haben sie sich schon einmal genauer mit dessen Zukunft beschäftigt?", fragt die Neue Osnabrücker Zeitung und fügt hinzu: "Was bedeutet es für Deutschlands Wirtschaft und Rentensystem, wenn seine Bevölkerung bis zum Jahr 2030 von 81,2 Millionen auf 79,2 Millionen Menschen schrumpft? Wenn zugleich der Anteil von Rentenempfängern steigt?" Die Antwort, so das Blatt, laute: "Minus zwei Millionen Menschen: Diesen Rückgang prognostiziert das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. In den nächsten Jahren werden viele der heutigen Flüchtlinge aus islamischen Ländern arbeiten und Steuern zahlen. 'Pegida'-Anhänger in dünn besiedelten, vergreisenden Gebieten sollten erwägen, ihre Einstellung zu Zuwanderern zu ändern."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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