Unüblicher Vorgang 17 Krankenkassen haben schon jetzt den Zusatzbeitrag nochmals erhöht
20.09.2024, 17:12 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Grundsätzlich gilt, dass alle Kassen frei wählbar sind ...
(Foto: imago Birgit Koch)
Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung ist zum Jahr 2024 von 1,6 auf 1,7 Prozent gestiegen. Doch bei einigen Kassen drückt ein millionenschweres Defizit. Sie haben im laufenden Jahr nochmals die Beiträge erhöht.
Seit Mai haben 22 gesetzliche Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge erhöht. Das geht aus einer Auswertung des Verbraucherportals Finanztip hervor. Demnach sind 7,6 Millionen Versicherte von den Erhöhungen betroffen.
Die gesetzlichen Krankenkassen setzen Erhöhungen der Zusatzbeiträge in der Regel zum Jahreswechsel um. Anfang 2024 hatten dies bereits 37 der 73 frei zugänglichen Kassen getan. Unter den 22 Kassen, die nun unüblicherweise im laufenden Jahr die Beiträge erhöht haben, sind laut Finanztip 17, die dies zum Jahreswechsel bereits getan hatten und nun erneut erhöhten. Diese sind:
- BKK Diakonie: aktuell 2,69 Prozent
- BKK Dürkoppadler: aktuell 2,55 Prozent
- BKK Euregio: aktuell 1,79 Prozent
- BKK24: aktuell 2,55 Prozent
- BKK Gildemeister Seidensticker: aktuell 1,99 Prozent
- BKK Pfalz: aktuell 2,38 Prozent
- BKK Pfaff: aktuell 1,8 Prozent
- BKK Textilgruppe Hof: aktuell 2,8 Prozent
- BKK Wirtschaft & Finanzen: aktuell 2,99 Prozent
- BKK ZF & Partner: aktuell 2,1 Prozent
- Continentale BKK: aktuell 2,2 Prozent
- IKK - die Innovationskasse: aktuell 2,3 Prozent
- IKK classic: aktuell 2,19 Prozent
- Knappschaft: aktuell 2,7 Prozent
- KKH: aktuell 3,28 Prozent
- Pronova BKK: aktuell 2,4 Prozent
- Vivida BKK: aktuell 2,49 Prozent
"Die gesetzlichen Kassen brauchen Geld, sie haben in diesem Jahr ein millionenschweres Defizit aufgehäuft", erklärte Barbara Weber, Krankenversicherungsexpertin bei Finanztip. Die Spanne der Zusatzbeiträge liegt nun zwischen 0,90 und 3,28 Prozent des jeweiligen beitragspflichtigen Einkommens. Im Durchschnitt liegt der Beitrag bei 1,78 Prozent.
Im Normalfall sind Versicherte zwölf Monate lang an ihren Versicherer gebunden. Im Fall einer Beitragserhöhung werden sie aber davon entbunden. Betroffene haben in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht und können ihre Kasse mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündigen. In der Regel ist dies der Januar. Es reicht, sich an die neue Krankenkasse zu wenden, diese übernimmt dann die Kündigung.
Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung ist zum Jahr 2024 von 1,6 auf 1,7 Prozent gestiegen. Beim Zusatzbeitrag können die Kassen auch darüber oder darunter liegen, denn jede entscheidet individuell über die Beitragshöhe.
Grundsätzlich setzt sich der Krankenkassenbeitrag aus dem für alle Kassen gleichen allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent und dem individuell zu bestimmenden Zusatzbeitrag zusammen. Sowohl der allgemeine Beitragssatz als auch der Zusatzbeitrag werden zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und -gebern beziehungsweise von Rentnern und der Rentenversicherung getragen.
Einfacher Wechsel der Krankenkasse
Grundsätzlich gilt, dass alle Kassen frei wählbar sind. Auch dann, wenn der Versicherte bereits älter oder gerade in Behandlung ist. Vorausgesetzt, die Kasse ist im Bundesland des Versicherten auch verfügbar. Gleichzeitig wurde der Wechsel der Krankenkasse bereits ab 2021 deutlich vereinfacht: Theoretisch können Versicherte seitdem, ähnlich wie bei der KFZ-Versicherung, jedes Jahr zu einer günstigeren Krankenkasse wechseln. Wer zum Beispiel zu Ende Januar kündigt, ist am 1. April in einer neuen Kasse.
Erhöht die Kasse den Zusatzbeitrag, besteht nach wie vor ein Sonderkündigungsrecht zum Ende des Monats, in dem erstmals der höhere Beitrag verlangt wird. Wird regulär gekündigt, ist diese zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam. Seit Januar 2021 ist man auch in allen anderen Fällen nicht mehr wie bisher 18 Monate, sondern nur noch 12 Monate an seine Versicherung gebunden, kann also theoretisch jedes Jahr wechseln. Zudem ist der Wechsel deutlich einfacher geworden: Man meldet sich einfach online bei der neuen Kasse an und gibt dem neuen Arbeitgeber Bescheid, dass man die Kasse wechseln möchte.
Den Vertrag bei der alten Krankenkasse muss man dafür grundsätzlich nicht kündigen: Das übernimmt die neue Kasse im elektronischen Verfahren. Eine Versicherungslücke ist beim Wechsel ausgeschlossen. Bei einem Wechsel zu einer günstigen Krankenkasse ist zu beachten, dass dann etwas mehr Einkommen zu versteuern ist. Ein Teil der Ersparnis fällt so dann auch der Steuer zum Opfer. Zudem sollten Wechselwillige prüfen, ob die neue, günstigere Krankenkasse auch alle gewünschten Extraleistungen wie beispielsweise Zahnreinigung, Osteo- oder Homöopathie anbietet.
Irrtümlich hieß es in dem Text 19 Krankenkassen hätten ihren Zusatzbeitrag nochmals erhöht. Richtig ist, dass es 17 sind. Der Artikel wurde entsprechend geändert.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 19. September 2024 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, awi/AFP