Recht verständlich Affenlaute - Kündigung?
03.03.2020, 07:32 Uhr
Wer andere rassistisch beleidigt, muss mit einer Kündigung rechnen.
(Foto: imago/Ikon Images)
In einer nicht öffentlichen Betriebsratssitzung beleidigt ein Arbeitnehmer seinen Kollegen mit dunkler Hautfarbe vor den anderen durch den Ausstoß von Affenlauten wie "Ugah Ugah"- der Arbeitgeber kündigt ihn fristlos. Zu Recht?
Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) entschied (Aktenzeichen 4 Sa 18/19), dass die Beleidigung eines Kollegen mit dunkler Hauptfarbe durch den Ausstoß von Affenlauten wie "Ugah Ugah" auch in einer nicht öffentlichen Betriebsratssitzung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Dies gilt in besonderem Maße, wenn der Beleidiger bereits einschlägig abgemahnt ist und auch nach Einschaltung der Beschwerdestelle des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in der Anhörung durch den Arbeitgeber keine Einsicht zeigt.
Wegen dieser Beharrlichkeit des Pflichtverstoßes und nachhaltig negativer Verhaltensprognose half dem Beleidigenden auch nicht der besondere Kündigungsschutz als Betriebsratsmitglied und auch nicht seine 13-jährige Betriebszugehörigkeit. Die fristlose Kündigung war wirksam.
Wie war der Fall?
Ein seit Jahren aktives Betriebsratsmitglied, das bei einem Logistikunternehmen tätig war, wurde durch den Arbeitgeber - nachdem mehrere Abmahnungen ausgesprochen worden waren - fristlos gekündigt. Es ging unter anderem um den Vorwurf der rassistischen Beleidigung eines Betriebsratskollegen in einer Betriebsratssitzung. Es handelte sich um einen Kollegen mit dunkler Hautfarbe, zu dem er die Affenlaute "Ugah, Ugah" gesagt hatte.
Der Beleidiger war bereits einschlägig abgemahnt und zeigte sich bis zum Schluss uneinsichtig, auch in einer nach Einschaltung der AGG-Beschwerdestelle des Unternehmens erfolgten Anhörung des Arbeitgebers. Er bestritt zunächst die Äußerungen, gab aber an, er habe "Bunga Bunga" gesagt, die Aussagen seien im Streit gefallen und es herrsche im Betriebsrat generell ein rauer Ton. Er gab weiter an, sein Verhalten habe "der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre" gedient und gehöre zum "gepflegten Umgang".

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.
Die AGG-Beschwerdestelle empfahl dem Arbeitgeber wegen der Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft sogar eine Trennung. Das Betriebsratsgremium muss der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ausdrücklich zustimmen, was hier erfolgt war. Der Gekündigte klagte und berief sich sowohl auf das Individualarbeitsrecht als auch auf betriebsverfassungsrechtliche Gründe, weil alles im Rahmen einer nicht öffentlichen Sitzung stattgefunden habe.
Das Urteil
Das LAG sah beides nicht verletzt und hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Betriebsratsmitglieder unterliegen grundsätzlich besonderem Kündigungsschutz und können in der Regel nicht "normal", sondern nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos nach Zustimmung durch das Betriebsratsgremium gekündigt werden. Die Zustimmung des Gremiums lag vor, der wichtige Grund mit der rassistischen Beleidigung durch Affenlaute nach Auffassung des LAG auch. Der Arbeitnehmer hätte die Vermutung der Diskriminierung durch eine rassistische Beleidigung - in Kombination des verpönten Merkmals des Opfers (dunkle Hautfarbe) mit der diskriminierenden Facette der Beleidigung (dunkelfarbiges Dschungeltier) - entkräften und erklären müssen, warum dieses rassistische Begriffspaar in diesem speziellen Falle ausnahmsweise nicht rassistisch gemeint gewesen sein soll.
Dieser Fall habe wegen dieser Kombination eben gerade eine andere Dimension als zum Beispiel der vom Fußballpublikum als Affe titulierte Oliver Kahn, was zwar auch eine Beleidigung, aber nicht zugleich rassistisch sei, weil dieser alles andere als dunkelhäutig sei. Eine solche Entkräftung sei aber nicht erfolgt, sondern vielmehr habe er auch in der Anhörung trotz ausdrücklichen Hinweises auf die rassistische Tendenz lediglich bagatellisierend angegeben, dass der Ton im Betriebsrat manchmal flapsig sei.
Negative Prognose
Zudem liege laut Gericht eine negative Prognose vor, mit Wiederholungen sei zu rechnen. Man könne nicht lediglich von einer Spontanäußerung oder einem Ausrutscher ausgehen, sondern von einer manifesten rassistischen Grundeinstellung und einem vorsätzlichen Verhalten. Denn der Gekündigte hat sein Verhalten weder nach einschlägigen Abmahnungen geändert noch sich einsichtig gezeigt, geschweige denn sich entschuldigt.
Auch das Betriebsratsmandat half dem Arbeitnehmer hier nicht - nach Auffassung der Richter im Gegenteil: Denn ein Betriebsratsmitglied sei gehalten, jeglicher Diskriminierung von Beschäftigten entgegenzuwirken. Auch die Tatsache, dass die Äußerung in einer nicht öffentlichen Betriebsratssitzung gefallen sei, bedeute nichts anderes. Denn die Sitzung sei kein rechtsfreier Raum, die Aussagen der anderen Sitzungsteilnehmer seien vor Gericht verwertbare Zeugenaussagen. Zudem sei hier bei der Beleidigung auch keine Aktivität als Betriebsratsmitglied im engeren Sinne erfolgt, wie beispielsweise bei einem Gespräch mit dem Arbeitgeber. Damit sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber keinen Tag länger zumutbar und eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Die Klage ist nun vor dem Bundesarbeitsgericht als Revisionsinstanz anhängig (Aktenzeichen 2 AZN 824/19).
Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.
Quelle: ntv.de