Gericht: Lockdown kein Grund Fitnessstudio darf Vertrag nicht verlängern
24.09.2021, 18:24 Uhr
Verträge mit Fitnessstudios: Der Abschluss ist leicht, die Kündigung schwer.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Ein Mitglied kündigt seinen Vertrag mit einem Fitnessstudio fristgemäß. Doch wegen der Corona-Pandemie verlängert das Studio die Laufzeit um die Schließungsmonate. Mit einer Klage dagegen bekommen Verbraucherschützer nun Recht.
Ein Fitnessstudio darf einen Vertrag nicht um die Zeit der coronabedingten Schließung verlängern. Dies untersagte das Landgericht Würzburg einem Betreiber von Fitnessstudios und gab damit einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) statt. Der Verband hatte E-Mail-Anschreiben des Betreibers als irreführend kritisiert.
Das Urteil ist für Verbraucher "ein positives Signal", erklärte vzbv-Rechtsreferentin Jana Brockfeld. Das Gericht sehe weder eine rechtliche Grundlage für die Zahlung von Beiträgen während der behördlich angeordneten Schließmonate noch für die einseitige Vertragsverlängerung. Ein Kunde hatte seinen Vertrag mit dem Fitnessstudio noch vor Beginn der Corona-Pandemie zum 31. Oktober 2020 gekündigt. Später teilte ihm der Betreiber per E-Mail mit, dass sich sein Vertrag aufgrund der behördlichen Schließungszeit um drei Monate verlängere. Nach Widerspruch des Kunden erklärte der Betreiber, bereits mehrere Gerichte hätten so entschieden.
"Vertragsverlängerung unbillig"
Das Landgericht Würzburg schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass die Aussagen in den entscheidenden Passagen irreführend waren: Die zeitweise Schließung der Studios könne nicht zu einer Vertragsanpassung in Form einer Vertragsverlängerung führen. Beide Parteien seien vielmehr während dieses Zeitraums von ihrer Leistungspflicht befreit.
Eine Vertragsverlängerung sei nach Ansicht des Gerichts zudem unbillig. Verbraucher, die beispielsweise wegen Umzugs oder aus gesundheitlichen Gründen das Studio nicht mehr nutzen könnten, hätten überhaupt nichts von einer Vertragsverlängerung. Auch der Hinweis auf die Rechtsprechung war nach Überzeugung des Gerichts irreführend. In beiden Gerichtsurteilen, die der Betreiber anführte, ging es gar nicht um pandemiebedingte Schließungen.
Unterschiede in der Rechtsprechung
Mit dem Urteil widersprach die Zivilkammer des Landgerichts Würzburg einer Entscheidung der Handelskammer des gleichen Gerichts. Diese hatte im vergangenen Jahr die Klage des vzbv in einem ähnlichen Fall abgewiesen, wie der Verband mitteilte. Der beklagte Studiobetreiber hatte seinen Mitgliedern demnach über Facebook mitgeteilt, dass sich ihre Verträge um die behördliche Schließungszeit beitragsfrei verlängern. Das Gericht der Handelskammer sah darin die zulässige Äußerung einer Rechtsansicht, die nicht im Wettbewerbsprozess zwischen dem vzbv und dem Studiobetreiber überprüft werden könne.
Außerdem habe die Covid-19-Pandemie zu einer Störung der "großen Geschäftsgrundlage" geführt, die eine Vertragsanpassung erforderlich mache. Die folgende Vertragsverlängerung sei für die Kunden zumutbar. Die zunächst eingelegte Berufung gegen dieses Urteil zog der vzbv nach einem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Bamberg zurück. Die Entscheidung des Landgerichts Würzburg ist nicht rechtskräftig. (Az. 11 O 684/21 UWG)
Quelle: ntv.de, mau/AFP